Sonntag, 29. April 2012

In die Wüste geschickt...

24.4.2012
Combarbala – Ovalle

Nach dem wohlverdienten Ruhetag, den wir, außer zu ein wenig Fahrzeugpflege und Computergedaddel, ausschließlich zum Abhängen, Essen und Trinken verwandt haben, stand mit gut 105km wieder mal ein längeres Ende auf dem Programm. Tendenziell bergab, so hieß das Motto...gut 1000hm gab es in Form knackiger Gegenwellen auf der bisherigen Königsetappe trotzdem noch zu erklettern. Mit Abstand die abwechslungsreichsten Landschaften von knochentrocken bis saftig-grün wurden von Tal zu Tal durch ein weitestgehend perfektes Asphaltband verbunden. Selbst das nicht enden wollende Hundethema war an diesem tollen Tag untergeordnet. Die wirklich überall anwesenden Kläffer übten sich in Zurückhaltung. Vielleicht fanden die es auch schöner, sich die Sonne auf den Pelz scheinen zu lassen...
Der Ritt über die Wellen endete in Ovalle, eine Stadt, die vielleicht nicht als die schönste in Erinnerung bleiben wird, aber wenn man nur übernachtet, hat man auch keine Chance, auf Erkundungstour zu gehen. Im Hostal wollte man uns nicht mal heißes Wasser für Tee geben, obwohl man mit dem Kocher am hantieren war, so was hinterlässt keine guten Referenzen. Kein WiFi und dann auch noch alle Restaurants zu, so das öltriefende Pommes mit ebenfalls gut geschmiertem toten Vogel die Energie für den nächsten Tag bereitstellen mussten, ergänzen das eher negative Kurzvisitenresümee.

25.4.21012
Ovalle – La Serena

Trotz allem Gemoser schliefen wir gut in unserer nach Holzschutzmittel riechenden Kemenate, und traten nach dem Frühstück auf dem Supermarktparkplatz die 85km nach La Serena an. Im Gegensatz zum Vortag eher Arbeit als Vergnügen, mit weit weniger spektakulären Aussichten (vielleicht sind wir doch schon ganz schön verwöhnt...) lieferten wir einen flotten Ritt zurück ans Meer. Am Rand der ziemlich befahrenen Straße sind dann auch die Hunde wieder da: Allerdings oftmals als frisch umgenieteter oder schon plattgefahrener Kadaver – nicht schön. Unter unserer Unterkunft wummert der Bass einer Disco(?), aber ein Fläschchen chilenischer Wein, den man hier natürlich völlig ohne Reue trinkt, und ein voller Bauch werden eine gute Nachtruhe gewährleisten...
Mit leichtem Bedauern werden wir morgen diese ziemlich hübsche Stadt verlassen, und dann kommen wir langsam in die Wüste.
Als kleines Fazit der vergangenen Tage bleibt zu sagen, daß es sich für jeden einzelnen Meter gelohnt hat diesen Weg zu fahren, und nicht, wie „geplant“ stumpf die Panamericana hochzuballern. Große Bilder werden davon in meinem Kopf bleiben.

26.4.2012
La Serena – Trapiche

75km auf der Ruta 5, auch bekannt als Panamericana, versprachen von Anfang an, kein echtes Vergnügen zu werden. Reichlich Verkehr, hauptsächlich LKW, die böse Bugwellen vor sich her schieben, die einen fast vom Rad werfen. Die Windschleppen der in unsere Richtung fahrenden Trucks helfen manchmal ein bißchen, die des Gegenverkehrs sind immer, als hätte jemand die Handbremse angezogen...
Der auf der Karte harmlos wirkende Streckenverlauf stellt sich als wellig heraus, das angedachte Meilenfressen bleibt angesichts von 1000hm nach 75km aus. Auch die Idee, das Humboldt-Pinguin-Reservat zu besuchen weicht aufgrund von 40km Schotter/Sandpiste hin UND zurück aus unseren Gedanken, was schade ist, aber es zieht uns doch schnell nach Norden, um wieder von der Panamericana wegzukommen.
Unser heutiges Quartier ist endlich mal wieder mit Zelt, hinter einem Truckstop mit angeschlossener Minenarbeitersiedlung. So gibt es warme Duschen, leckeres Essen, Limo und Tee, aber das wohlverdiente Bier – Fehlanzeige. Wahrscheinlich ein Resultat der neuen Zero-Tolerance-Policy der chilenischen Regierung zum Thema Alkohol im Straßenverkehr. Ein Grund mehr, morgen früh loszurasen um abends in Vallenar zu sein...

27.4.2012
Trapiche – Vallenar

Gefühlt um 4:00 Uhr morgens, fangen gefühlte 4 Hähne, gefühlt MITTEN in unseren Zelten ein Wettkrähen an! UNVERSCHÄMTHEIT!!! Nicht so schlimm, die Mineros starten kurze Zeit später ihre PickUps und verschwinden zu ihrer harten und staubigen Arbeit. Wir können überraschenderweise die Zelte einfach so einpacken, der Morgentau blieb aus. Entsprechend früh sitzen wir auf den Rädern, um die 119km nach Vallenar in Angriff zu nehmen. Nach wenigen Kilometern bergab beginnt unauffällig der erste, 40km lange Anstieg des Tages. Steigungen zwischen 2 und 6 % sind zwar erstmal nicht sooo schlimm,aber auf Dauer...Kaum über den Pass, empfängt uns Gegenwind der ekligen Sorte, trotz 4% Gefälle muss man mittreten, um nicht stehen zu bleiben – DOOF!
Mittag gibt es in einem von ungezählten Truckstops bei Domeyko. Lecker wars, vollgestopft geht die Kurbel im zweiten Anstieg auch nicht besser rum...
Mitten auf der Strecke kommt uns ein Läufer entgegen. Harald Ulriksen ist auf dem Weg von Arica nach Puerto Montt, 3700km von Nord nach Süd durch Chile, für eine Krebskinderstiftung. Siehe auch:
Nach einem netten Plausch am Wegesrand trennen wir uns, und nehmen den Kampf mit dem Wind wieder auf. Das zehrt gewaltig, das Ziel ist noch weit, fast vergisst man rechts und links zu gucken. Das wäre fatal, denn seit etlichen Kilometern befinden wir und der Region de Atacama, der trockensten Gegend der Welt. Atemberaubend ist ein von mir inzwischen inflationär benutzter Begriff, aber so ist es nun mal! Ich fürchte, diese Aussichten mit meiner Knipse einzufangen, ist fast unmöglich, aber einige der Versuche sind bei den Pics zu sehen,

28.4.2012
Vallenar – Copiapo

Weil gestern 120km nicht genug waren, ist heute mal echtes Kilometerschruppen dran: Knapp 150km auf der Ruta 5 durch die Atacama-Wüste nach Copiapo. Das Ganze natürlich nicht, ohne den einen oder anderen Höhenmeter zu machen...Ab Vallenar ist die Panamericana wieder eine richtige Autobahn mit zwei Spuren in jeder Richtung und großzügigen Randstreifen. Meine Theorie, daß wir deswegen weniger von den Bugwellen des Gegenverkehrs um die Ohren kriegen, bestätigt sich erfreulicherweise. Nach dem ersten Hügel aus der Stadt heraus rollt es locker, aber von Anfang an begeben sich meine Beine und das Sitzfleisch in eine Verweigerungshaltung, was den anstehenden Ritt – vor allem mental – nicht einfacher macht. Plattfuß Nummer 2 ereilt mich bei Kilometer 50, 650 Meter nach der ersten Snackpause an einem Schild. Nach akribischer Suche finden wir die Ursache, zwei böse, kleine Drahtstücke, die einer der zuhauf rumliegenden zerfetzer LKW-Reifen am Straßenrand hinterließ. Bei strahlendem Sonnenschein geht es weiter. Hatte ich schon erwähnt, das ausser Schildern und Notrufsäulen nichts, aber auch garnichts Schatten spendet? Wir sind halt in der Wüste. Aber obwohl ich heute echt viel am mosern bin, erfreuen wir uns trotz schwerer Beine und Popo-Aua an der unglaublichen Landschaft und die Vorfreude auf den morgigen Ruhetag, gepaart mit einer letzten Futterpause bei Kilometer 110, verleiht nochmals Kraft für das Schlußstück, das von einer tollen Abfahrt gekrönt wird. Übrigens: Bis 73km/h liegt der Panzer wie ein Brett:-)

Pics:

https://plus.google.com/photos/104500526512582281551/albums/5736830583765965825?authkey=CNGorLfSlZ2GuAE

https://plus.google.com/photos/104500526512582281551/albums/5736828638028088289?authkey=CKDczOqC8NjebQ

Tracks:

http://connect.garmin.com/activity/172305192
http://connect.garmin.com/activity/172305179
http://connect.garmin.com/activity/172305173
http://connect.garmin.com/activity/172305162
http://connect.garmin.com/activity/172858708

5 Kommentare:

  1. Robby, Du schreibst einfach supertolle Berichte! Ich wünsche Euch weiterhin viel viel Freude und eine gute Reise.

    Gruß
    Erik

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  2. Kann mich Eric nur anschliessen - und Dank für "mein" Foto, nun weiss ich wie chilenische Ponys aussehen!!
    Viel Spass und gute Pisten weiterhin! A.

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  3. uiuiuiui... das klingt aber nach viel "Atemberaubung"! Hoffentlich haste da noch genug Puste zum Strampeln! Und so viel erlebt und so viel Information... da weiß ich gar nicht, worauf ich zuerst reagieren soll - ich sag mal einfach: weitermachen! Daaaanke übrigens für die Eselse - hab mich super gefreut! Schlag die Hähne nicht tot, lass fein Abstand von den bösen LKWs und genieß die Aussichten - und schreib bloss weiter so geniale Berichte! (Ich geh jetzt völlig fertig in mein Bett, war heut seit Ewigkeiten mal wieder skaten *puh* ich kann NIX mehr!) Liebe Grüße in die weite, staubige Welt!

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  4. Lieber Robby, tolle Berichte, mitreißend und spannend! Freue mich jedes mal wenn es wieder was neues zu lesen gibt :) Passt weiterhin gut auf euch auf! Liebe Grüße, Stephan und Anja

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  5. Hi Robby, ich liebe Deine Berichte und freue mich jedesmal auf einen neuen Reisebericht. Liebe Grüße Audry und Thomas

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