Freitag, 2. November 2012

Ick gloob ick bleib hier... Nee, nur Spass...



Kurzzusammenfassung der fehlenden drei Tage:

Dienstag:
Palma. Hübsche Altstadt, winklige Gassen, teils hübsche Häuser, extrem fehl am Platz wirkende Weihnachtsdeko, jede Menge Touris – trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit, leckere, aber nicht ganz billige Restaurants, Königspalast – schick, Kathedrale – geschlossen, Regen.

Mittwoch:
Abhängen, ausschlafen (mehrfach), Extremcouching, WIND!!!

Donnerstag:
Klassikerrunde nach Orient über den Col d'Honor und auf dem Rückweg nochmal auf den Randa.


Freitag (jetzt wieder ausführlicher):
Wie das so ist im Vorfeld einer Reise, macht man sich Gedanken. Mach ich auch. Und wenn es denn auch noch ums Radfahren geht, kommt dabei manchmal sowas wie die heutige Strecke zustande. Darüber denke ich freilich schon länger nach, und nachdem mein Spass in der Schweiz mit Flüela und Albula hintereinander weg so schön klappt, muss das jetzt auch noch sein:
Start in Biniamar, in der Nähe von Inca, eine der eher scheußlichen Städte auf Malle, dann über Caimari zur womöglich bekanntesten Tankstelle Europas, auf dem Col de Sabataia, dann Richtung Soller, aber nicht, ohne den sicher schönsten und auch längsten Anstieg der Insel mitzunehmen: Sa Calobra. Dann über den Puig Major – den höchsten auf Asphalt anfahrbaren Punkt – runter nach Soller, über den gleichnamigen Col nach Bunyola und zu guter Letzt noch schnell über den Col d'Honor zurück nach Biniamar.
Angesichts der Jahreszeit ist das Zeitfenster eher klein, um 17:45 ist das Licht aus...
Die Auffahrt zur Tanke geht flüssig von der Hand, eine Gruppe anderer Rennradler saugt mich förmlich an und schwupps sind wir oben – so schnell ging das noch NIE!!! Spätform ist halt doch was anderes als aus der Winterträgheit da rumzueumeln.
Ab da allein, ging es weiter zum Abzweig nach Sa Calobra, wo man erst noch über den Col des Reis muss, bevor man die traumhafte Abfahrt ans Meer angehen darf. Im Gegensatz zu sonstigen Gepflogenheiten war das diesmal ein vollständiger Soloflug, ganz ohne Autos, Reisebusse oder sonstige Hindernisse – großartig. Was man da in weniger als einer Viertelstunde runterfällt, muss man danach freilich wieder hoch, um diese Jahreszeit fährt der Rentnerdampfer nach Port Soller nicht mehr. Schlappe 700hm und 56min später bin ich zum zweiten Mal auf dem Col des Reis, langsam merke ich, was ich mir da vorgenommen hab.
Zurück am Abzweig geht es gleich wieder in den nächsten Anstieg, moderates Geläuf bis zum Tunnel, der an der Passhöhe des Puig Major lauert: Unbeleuchtet, bergab, kalt – bääh.
Die Abfahrt nach Soller eignet sich im Höchstmaß für felgenschonende Fahrweise, und auch hier ist kaum Verkehr – großes Kino. In Soller wird an einer Tanke Wasser nachgefasst, ein Liter Cola in den Fahrer gefüllt und noch eine Schoki gefuttert. Das muss reichen, die Uhr tickt!
Als nächstes steht der Col de Soller im Weg, der ist aber freundlich zu fahren – ein Rollerpass mit jeder Menge Kehren, so wie ich es mag. Und auch hier wieder: Die Abfahrt für mich ganz alleine!!! So macht das Spass...
Eine winzige Welle bringt mich nach Bunyola, dem Fußpunkt des letzten ernsten Anstiegs: Der Col d'Honor, gestern schon besichtigt, heute als Schlußstück. Nach wie vor herrscht Einsamkeit, rauf wie runter... Kurz hinter Orient kommt dann das wirklich letzte Passchild des Tage, der Col d'Orient...Noch ein paar Wellen, und ich sitze nach immerhin 7 Pässen erschöpft, aber glücklich im Auto.

Aber das Beste erzähl ich natürlich zum Schluss: Wir haben den 2. November und ich bin das ganze Ding bei flotten 22°C in Kurz-Kurz gefahren... Einen viel besseren Blocker für herangallopierende Herbstdepris kann ich mir nicht vorstellen :-)


Montag, 29. Oktober 2012

Fernsicht ole´ oder Klöster kann man nicht genug haben...



..auf der ersten Radrunde des spätherbstlichen Ausfluges ins 17. Bundesland.

Nach unspektakulärer Anreise am Sonntag bremst ein altersschwacher Stromadapter heute unseren Tatendrang: Der Kühlschrank war ohne Energie und alles was noch drin war, begrüsst uns in zwei Sprachen, muss aber nichtsdestotrotz entsorgt werden. Also erstmal zum Supermercado, Lebensmittel nachfassen, dann zum Elektrofritzen, einen neuen Adapter shoppen. Und danach noch ein wenig Reinigungsarbeit am Kühlschrank verrichten... Danke Nina!!!

Die Räder habe ich am Sonntag schon zusammen gebaut, also ist da auch kein Handlungsbedarf mehr, außer aufpumpen und Kette ölen – meine Heldentaten des Vormittags...

Um 13:00 kommen wir endlich los. Die Sonne scheint aus allen Knopflöchern, wir starten in Kurz-Kurz, ist doch klar. Der Weg führt uns auf der komplett neu gemachten Strasse von Llucmajor über Porreres bei sanftem Wind Richtung Felanitx, wo die erste Bergprüfung des Tages schon aus der Ferne erkennbar ist: Das Kloster Nr. 1 Santuario de Sant Salvador mit 510m über dem Meer.
Die Fernsicht ist heute wirklich phänomenal, das man von dort die Nachbarinsel Menorca und das ganze Tramuntana-Massiv kristallklar sehen kann, hat man nicht oft. Ich bei meinem mittlerweile 8. Mallebesuch zum ersten Mal...

Auf der Abfahrt wünsche ich mir mehrere Dinge: Eine Windweste wär toll, auf den im Schatten liegenden Teilen der Strasse ist es doch kühler als erwartet. Ein Mallorquiner, der mit einer Kehrmaschine eine Stunde VOR der Abfahrt die Strasse fegt. Dank vieler kleiner Steinchen bleibt jedes Sicherheitsgefühl auf der eh schon recht winkligen und unrhythmischen Passage aus.

Schon sind wir auf dem Rückweg, eine sehr hübsche, uns bislang unbekannte Strasse führt uns Richtung Montuiri, leider geht die zweite Hälfte davon parallel zur Autobahn Palma-Manacor, hat dafür aber einige fiese, kleine Rampen im Gepäck. Von Montuiri geht es dann schon Richtung Randa, auch ein Klassiker, wo die Sammlung an Klöstern gleich um DREI aufgestockt wird. Der Anstieg ist hinlänglich bekannt, die Sicht vom Gipfel immer wieder atemberaubend – ich glaube, hier hab ich mich vor über 8 Jahren in diese Insel verliebt.

Die Abfahrt gestaltet sich ähnlich erfrischend wie die vom Sant Salvador, aber der Randa ist schließlich Hausberg, und so bin ich nach kurzer Zeit am Domizil zurück.

Nach Dusche und Tee gibt es einen Berg Nudeln, während der Kamin für wohlige Temperaturen sorgt...

So kann das weitergehen!!!

Samstag, 8. September 2012

Wellen, oder?

Da das ja im Moment Mode ist mal eben zur Oder zu fahren, muss ich da auch mal hin. Und weil ich bei Frau Kühn erst letztens war, und mir sowieso nach was Langem ist, denk ich mir: "Oderbruchmarathon vom BRC Semper, das wär doch was..." 245km stehen in der Ausschreibung, so weit bin ich noch nie mit dem Rad gefahren. Der Wetterbericht und das Radarbild vermitteln Hoffnung, also Wecker auf halb 6 gestellt und nach reichlich Pasta früh ins Körbchen.
Am Morgen sind die Dächer nass, aber es kommt wenigstens nichts von oben. Nach kurzem Frühstück wird noch aufgepumpt, dann schnapp ich mir mein Rad und das restliche Gedöns und fahre nach Marzahn, wo um  8 der Start sein soll. Wie das bei Radsportvereinen üblich zu sein scheint, ist die Einschreibung und Startnummernausgabe in einer Schule. 15€ berappt man für die Marathondistanz, während draussen der Regen einsetzt. MIST! Aber gemeldet ist gemeldet, und die Nudelportion von gestern muss schließlich auch noch verarbeitet werden. Kurz vor 8 sammelt sich das Starterfeld unter einem Baum auf dem Schulhof. Von einem Feld zu sprechen ist allerdings etwas übertrieben, die inklusive mir 11 Gestalten, die da aus ihren Regenjacken gucken, machen gute Miene zum bösen Spiel und nach den üblichen Ermahnungen bezüglich Einhaltung der Strassenverkehrsordnung gehen wir bei mittlerweile richtigem Regen auf die Strecke.
Und die hat nicht allzuviel mit der zu tun, die ich Netz fand. Wegen Baustellen an allen Ecken und Enden wurde ein neuer Kurs ersonnen, der zu einem guten Stück durch Polen führt. Davon hätte ja auch mal jemand was in der Ausschreibung erwähnen können, dann hätte ich meinen Ausweis mitgenommen... Gebraucht hätte ich ihn nicht, aber man weiss ja nie.
Die Strecke selber ist landschaftlich ein richtiges Leckerli, die Fahrbahn ist in Deutschland und Polen gleichermassen durchwachsen. Bis zur ersten Kontrolle, sinnlos früh bei Kilometer 35, sind die 11 Radler noch schön zusammen unterwegs, jeder versucht, so wenig Wasser wie möglich vom Hinterrad des Vordermanns zu schlucken. So wird das erstmal nix mit sauberer Zweierreihe. Als bei Kilometer 70 die zweite Kontrolle ansteht, ist weit und breit nichts zu sehen: Wir waren trotz der widrigen Umstände zu schnell! Zu diesem Zeitpunkt ist die Gruppe auch schon zerbröselt, wir sind nur noch zu sechst. Völlig unerwartet kommt bei Kilometer 120, mitten in Polen eine Kontrolle, wir sind zu fünft und angesichts knackiger Wellen gerate ich langsam in Schwierigkeiten. Bis Schwedt läuft es wieder recht ordentlich, aber immer wieder muss ich vor den Kuppen reissen lassen und rolle danach wieder an die Gruppe ran. Das geht bis Kilometer 160 gut, dann fängt der unerfreuliche Teil an: Die Jungs sind weg und ich bin - mal wieder - allein im bösen Gegenwind. Sind ja nur noch 85km... Wenigstens hat sich mittlerweile die Sonne durchgesetzt. Entgegen anderslautender Ankündigungen kommt die nächste Kontrolle nicht bei Kilometer 175, auch nicht bei 185, sondern erst bei 195. Mir hängt der Magen in der Kniekehle, und zu trinken hab ich auch nicht mehr viel. Ärgerlich. Aber dafür kommt dann 20km vor dem Ende noch eine...tststs... Irgendwann ist es aber geschafft, der Schnitt ist garnicht sooo übel und die Jungs seh ich im Ziel auch noch. Alles in allem ein gelungener Radtag, aber die Details: Keine ordentliche Strecke im Netz, die unglückliche Verteilung der Kontrollen ... da herrscht Nachbesserungsbedarf. Aber vielleicht bin ich ja nur verwöhnt....

Track: http://connect.garmin.com/activity/220274907

Freitag, 17. August 2012

Graubündener Doppelpass


Am letzten Tag unseres kleinen Radurlaubs in Nauders stimmt alles. Kaiserwetter für die Königsetappe, die Beine scheinen gut zu sein, gut geschlafen hab ich auch...Um 7:00 klingelt der Wecker, huschhusch zum Frühstück, Räder ins Auto und ab in die benachbarte Schweiz, wo ich mir einen schon länger gehegten Traum erfülle: Den Flüelapass und den Albulapass in einer Runde fahren. Das sind reichlich Kilometer und auch viele Höhenmeter, aber unter solchen Bedingungen kann das nur gut werden!
In Ardez, ca. 10km vor dem Abzweig zum Flüela, parken wir das Auto, damit wir noch ein paar Meter zum warm werden haben, der Pass beginnt gleich ziemlich steil, und bietet auch später noch genug gemeine kleine Rampen. Zeitgleich mit uns ist die "Tortour" da unterwegs, da fahren Verrückte Nonstop 1000km mit 15000hm durch die Schweiz. Nach 13km ist die Passhöhe erreicht, ein kleines Päuschen zum trocknen des Trikots und anziehen der Windjacke, dann gehts mit Karacho ins Tal, diese Abfahrt trägt einen großen Stempel: DRIVE IT FAST!!! Am Ende liegt Davos, Tummelplatz der Reichen und Schönen, ansonsten eher häßlich, dafür schön teuer. Darauf steht der Schweizer ;-) Das erkennen wir etliche Kilometer weiter im Tal, wo wir uns für den zweiten Berg des Tages mit Bündnerfleischsandwich und Cola stärken, ein weiteres Mal: Keine 24€ später verlassen wir zwar gesättigt, aber schon etwas kariert guckend das eher schlichte Restaurant.
Der Albula gehört zu meinen absoluten Lieblingspässen, er strotzt vor landschaftlichen Schönheiten, fährt sich angenehm, und die beinahe verspielte Trasse der Albula-Bahn ist allgegenwärtig, man weiß nie, von wo welcher Zug in welche Richtung auftaucht, ein Traum für alle Eisenbahnfreaks...
Die Abfahrt nach La Punt ist anfangs dank frischer Asphaltdecke eine rasante Angelegenheit, die letzten paar Kehren zeigen einem dafür dann die Komfortgrenzen modernen Rennradbaus...
Danach muss man "nur" noch das Unterengadin tendenziell bergab zurück nach Ardez - wäre da nicht der Wind... Aber auch das kann meine gute Laune nicht verderben! Ein toller Abschlusstag für einen gelungenen Urlaub!!!


Donnerstag, 16. August 2012

11 Kehren müsst ihr sein...

...oder besser gesagt 2 mal 11 Kehren. Der Wetterbericht sieht eher bescheiden aus, alle verfügbaren Dienste prophezeien einen verregneten Tag. So sieht der Morgen auch aus, stark bewölkt und etwas schwül. Der Regen setzt aber erst ein, als ich mein Rad vom Haken im Bike-Keller hebe. Egal, die ganze Regenkluft ist jetzt oft genug umsonst mitgefahren, jetzt wird sie eingeweiht. Die ganze Reschenpassstrasse bis kurz vor Pfunds regnet es ein wenig vor sich hin, dann hat der Spuk auch schon sein Ende. Flugs ist das kleine wasserdichte Schwarze wieder im Rucksack verstaut, und es geht weiter auf nassen Strassen nach Ried, wo die ersten 11 Kehren auf mich warten: der Aufstieg nach Serfaus.
Mistiges Wetter im Aufstieg
 Das Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis ist mehrfach prämiert als die Superduperhyper-Familien-Rundum-Sorglos-Event-Area, von Entspannung war auf der Strasse aber wenig zu merken, mehrfache allerknappste Überholmanöver ohne Not und sogar ein "Da ist ein Radweg" - Gebrüll können einem den Spaß schon verderben. Der Radweg ist übrigens ca. 50cm breit, geschottert, von Stöckchen tragenden Hundeführern bevölkert und endet etwa 50m weiter... Im einzigen offenen Cafe in Serfaus setze ich mich auf die Terrasse, das Personal duckt sich hinter den Tresen, und nach einer Viertelstunde habe ich einen Riegel verputzt, ein trockenes Unterhemd angezogen, eine halbe Trinkflasche geleert, aber von einem Kellner ist immer noch nix zu sehen... Da soll noch mal einer über die Servicewüste Deutschland schimpfen. Ob ich das Skigebiet nochmal irgendwem empfehlen will, muss ich mir noch stark überlegen, zumal das da nicht billig ist und mein einer Besuch im Winter vor drei Jahren zwar Erinnerungen an ein wirklich schönes Gebiet, aber auch an rüpelhafte Gäste weckt.
Wieder ins Tal geht es auf einer anderen Strecke, inzwischen ist der Asphalt aufgetrocknet, und ich kann mich mich der felgenschonenden Fahrweise widmen :-). Das Inntal hinauf weht ein flotter Wind, der mich im Nullkommanix zurück nach Pfunds schiebt, wo ich mich mit Nina zum Kaffee treffe. Inzwischen sind die Wolken aufgerissen, und die Sonne scheint wieder wie an den vergangenen Tagen. Jetzt noch schnell nach Martina, wo die nächsten 11 Kehren - man ahnt es schon - in Form der Norbertshöhe für mich bereitstehen.
Regentag in Tirol - davon nehm ich noch ein paar :-)

Track: http://connect.garmin.com/activity/211234494

Mittwoch, 15. August 2012

Ruhetag

Zwar ist das Wetter unverändert schön, aber die letzten vier Tage auf dem Rad machen sich bemerkbar und so kommt ein Ruhetag gerade recht. Erst ausschlafen, dann frühstücken, ein wenig faulenzen, dann gaaanz laangsaam einmal um den See deideln, dann wieder faulenzen....so soll das...
Neu: Daß man auf 34km einen Cappuccino, eine Latte Macchiato und ein Pizza-Baguette zu sich nimmt. Wir üben für die Wellness-Woche :-)

One Pic:


Track: http://connect.garmin.com/activity/210838745

Dienstag, 14. August 2012

Passkontrolle

Adrian ist pünktlich am Hotel, Nina hat die geforderte halbe Stunde Vorsprung, also können wir uns zur Passkontrolle begeben. Heute steht als Cima Coppi des Tages das Stilfserjoch auf dem Programm, nebenbei ergaunert man sich den Umbrailpass, und auf dem Hin- und Rückweg ist der eher unspektakuläre Reschenpass gleich zweimal zu "überwinden".
Nachdem wir Ninas Vorsprung, der ihr eigentlich bis in den Anstieg zum Stelvio friedliches Fahren garantieren sollte, schon einige Kilometer vorher aufgefahren haben (böse Raser!!!), sind wir zu dritt unterwegs auf den vierthöchsten Alpenpass. 26km, gespickt mit 48 Kehren und 1850hm, sind schon ewig ein Mekka für Radler aller Couleur, Motorradfahrerhorden, Sportwageneigner und sowieso alle die da unbedingt hoch müssen. Entsprechend stark ist angesichts des schönen Wetters der Verkehr, an so mancher Fahrerlaubniserteilung kommen spontan Zweifel auf. In Kehre 22 (es wird von unten abwärts gezählt) liegt dann auch ein italienischer Motorradler nach etwas großzügig gewähltem Radius und entgegenkommendem SUV auf der Seite...hrhrhr...nix passiert, außer Lackschaden, aber natürlich großer Bahnhof UND genau vor unserer Nase! Pässefahren mit Schadenfreude bedienendem Entertainment - toll! Dazu sei erwähnt, das ein Teil der Moppedtreiber sich da aufführen wie die Axt im Walde, daher die Schadenfreude, auch wenn es einen möglicherweise Unschuldigen trifft...Oben angekommen, herrscht der übliche Trubel, aber selbst nach meiner dritten Fahrt da rauf bin ich immer noch erstaunt. Adrian guckt ungläubig, als er kurz nach mir die Passhöhe bei 2760m erklimmt, ich begrüße ihn mit: "Willkommen auf der Kirmes"... Dann kommt auch schon Nina, wir machen die Pflichtphotos am Passschild in der neuen Havellandriders-Kluft, ziehen Windjacken und Armlinge an, und machen uns an die Abfahrt.
Der Weg zurück nach unten führt über den Umbrailpass (2503m), den man mit nur einer winzigen Gegenwelle einfach so mitnimmt, dann kommt die lange Abfahrt ins Tal, unterbrochen durch einige Kilometer Naturstrasse, dann folgt ein großartiges Geschlängel bis St. Maria, von wo aus der Kurs auf der von gestern bekannten Strecke - nur umgekehrt - das Münstertal herabführt. Zum Schluss müssen wir noch wieder auf das Niveau des Reschensees klettern, was am Schluss dieses Tages dann doch schon weh tut. Gnädiger Rückenwind erleichtert uns die rasante Fahrt entlang des Sees, Reschenpass die 2., und schon findet, nach einer finalen Raserei abwärts nach Nauders, dieser tolle Tag seinen Abschluss.

Pics: https://plus.google.com/photos/104500526512582281551/albums/5776565117792116145?authkey=CMr6o8Dyk9nzRQ

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Montag, 13. August 2012

Auf den Ofen gelockt

Heute steht dann endlich mal eine große Runde auf dem Plan: Der Ofenpass, 2150m hoch, liegt in der Schweiz, am nördlichen Ende des Münstertales. Eher dürftige Wetterprognosen bewegen mich, alle möglichen Klamotten in meinen Minirucksack zu stopfen, aber sowohl die Regenkluft als auch das Reservetrikot bleiben unbenutzt. Besser so als andersrum...Der Wind ist morgens gnädiger als gestern, flott schiebt er mich über den Reschenpass. Der Weg am Westufer des Sees entlang ist tiptop asphaltiert, nur einige kurze Stücke wurden ausgelassen, und eine Minibaustelle lässt mich die Geländegängigkeit meiner Rennschuhe testen: Geht...Danach geht es flott weiter zu Tal, der Weg wird immer steiler und auch noch schmaler. Irgendwann leitet der Track mich auf eine größere Strasse, und nach wenigen hundert Metern beginnt der Anstieg. An den hab ich mich richtig erinnert, anfangs harmlos, hinten raus gemeiner werdend. Spielkameraden sind nicht in Sicht, die zwei Jungs, die eine Zeit lang mein Hinterrad belagern, biegen in St. Maria ab zum Umbrailpass. Das ist aber kein Wunder, die meisten Leute fahren diese Runde andersrum, zum einen ist der Aufstieg einfacher, und die Abfahrt ist bedeutend spektakulärer. Ich mags halt lieber auf die harte Tour, und außerdem kenne ich die Gegenrichtung auch schon... Kurz vor der Passhöhe kündigt sich das anstrengende Endstück des Tages an: Ein kräftiger Wind bläst aus dem Tal, und so bleibt das auch bis zum Schluss. Aua. Die finale Norbertshöhe geht nach diesem Ritt bei weitem nicht so locker von der Hand wie zwei Tage zuvor...

Pics: https://plus.google.com/photos/104500526512582281551/albums/5776178905272011233?authkey=CJ_yhJmH3aWCigE

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Sonntag, 12. August 2012

Alles nur für die Sille!

Sille ist nämlich nicht nur die weltbeste Servicetruck-Fahrerin, sondern auch eine weitere geistige Mutter der Nauderer-Wellness-Woche. Sie und Nina haben diese Idee bei der Quäldich.de-Seealpenrunde im letzten Jahr das erste Mal aufgebracht, weil Sille eigentlich gerne Rennrad fährt, auch bergauf, aber ihr Schatzi spielt einige Ligen höher, und so ist gemeinsamer Radurlaub (außer sie fährt den Truck) nicht so angesagt...
Aber eigentlich ist der Titel dieses Posts meine Antwort auf Ninas Frage: "Warum machen wir das eigentlich?" während wir uns kurz nach dem Frühstück gegen bösen Gegenwind Richtung Reschenpass stemmen. Der weitere Weg führt uns ein winziges Stück am Westufer des Reschensees entlang, um dann ins Rojental abzubiegen, wo der Wind zwar weg ist, aber da die Steigungen doch knackiger sind als meine verklärte Erinnerung das zugeben will, wäre er als kühlendes Element schon wünschenswert... So geht das bis auf 2100m zur Bergstation der Schöneben-Seilbahn, dann folgt eine leider teils schmutzige, teils holperige Abfahrt über eine eher als Wirtschaftsweg genutzte Strasse. Zurück am See fährt man über den Staudamm auf die am Ostufer verlaufende, stark befahrene Reschenpassstrasse, um in Graun (da, wo der Kirchturm eines überfluteten Dorfes aus dem Wasser ragt - voll die Touriattraktion...) ins Langtauferer Tal abzubiegen, wo bis auf an ein paar Stellen gemäßigte Steigungen und jetzt auch Rückenwind uns zur Bar Endstation führt. Da gibt es leckere Sachertorte und noch leckereren Cappucino. Ein perfektes Ziel. Die Abfahrt gegen den Wind und etliche dusselige Autofahrer macht nochmal die Beine dick, aber kurze Zeit später sitzen wir mit einem Erdinger alkohlfrei auf der Terrasse des Hotels... wieder ein schöner Tag!

Pics: https://plus.google.com/photos/104500526512582281551/albums/5775886215871394929?authkey=CK30gtnp79O_qQE

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Samstag, 11. August 2012

Berlin-Berg-Express reloaded

Um halb zwei starten wir den Motor und sausen, wie schon so oft, Richtung Süden durch die Nacht. Erwartungsgemäß werden wir nicht von lästigen Staus aufgehalten und erreichen nach ca. 7 Stunden Nauders. Taschen aufs Zimmer, Räder zusammenbauen, kleines Frühstück beim Bäcker, hopphopp in die Radkluft und schon sind wir auf unserer ersten Runde. Angesichts ziemlich brutaler Müdigkeit nehmen wir uns nicht zu viel vor, und rollen erstmal über die Norbertshöhe talwärts in die Schweiz, wo Scuol unseren Wendepunkt markiert. Auf dem Rückweg testen wir noch drei kleine Stiche abseits der doch recht befahrenen Hauptroute: Die Ortsdurchfahrten von Sent, Strada und Martina sind angenehm verkehrsarm, die Steigungen harmlos. Auch das Angebot an Cafes und viele Trinkwasserbrunnen machen diese Wege attraktiv. Zum Schluß müssen wir natürlich wieder die Norbertshöhe erklimmen, und schon sind wir wieder im Hotel, wo die Sauna und kurz danach leckerstes Essen warten

Pics: https://plus.google.com/photos/104500526512582281551/albums/5775498822985693633?authkey=CMGCoNzZuq7KkwE

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Freitag, 10. August 2012

...schon wieder Urlaub???

Jaja, das werde ich grade öfters gefragt.

Heute Nacht fahren Nina und ich nach Nauders, wo die Luxusvariante von Rennradurlaub im schon mehrfach erprobten ****Hotel Central auf uns wartet. Nauders liegt im Dreiländereck Österreich-Italien-Schweiz, und traumhafte Pässe wie das Stilfser Joch, Albula, Flüela, Ofenpass, sowie die genauso schönen Sackgassen zum Kaunertaler Gletscher oder ins zollfreie Gebiet von Samnaun liegen vor der Haustür, von ungezählten Stichstrassen kleinerer Art ganz zu schweigen.

Neben dem eigentlichen Urlaub scouten wir noch für eine Veranstaltung, die hoffentlich im nächsten Jahr bei quäldich.de ins Programm genommen wird:

Die Nauderer Wellness-Woche

Dieses Angebot soll sich gezielt an die Lebensabschnittsgefährt/en/innen von schon vom Bergvirus infizierten Rennradlern richten, sozusagen ein Schnupperstündchen für jene, die (noch) nicht 130km+ und 2500hm+ am Tag können oder wollen. Kurze Touren, kein Gebolze am Berg, eher Dolce Vita als Cuore Sportivo, mehr Orientierung zum nächsten Cappuccino als noch ein paar hundert Höhenmeter extra, ggf. Alternativprogramm wie Moutainbiken oder einfach nur im sagenhaften Wellnessbereich des Central abhängen. Damit man nicht auf sein Schatzi verzichten muss, kann die schon bekannte Nauderer Pässewoche einfach parallel gebucht werden, und alle haben ihren Spass.

Soweit die Idee...

Ab morgen gibts dann auch wieder Bilder und Tracks...

Freitag, 22. Juni 2012

Wieder da...

Während Bettina schon um den Titicacasee kreist, bin ich schon fast wieder vollständig zuhause angekommen.
Nach dem langen Flug von La Paz mit Zwischenlandung in Santa Cruz, Bolivien, und jeweils 6,5 Stunden Aufenthalt in Miami und London, holen mich Nina, Ola und Ole in Tegel ab, und haben eiskaltes Radeberger mitgebracht. Das nenn ich mal ein ordentliches Empfangskommitee. Einziger Wermutstropfen, der eigentlich gar keiner ist: Das Rad ist in London geblieben, aber British Airways liefert es am nächsten Tag in den Fahrradladen...Die erste heiße Dusche und das eigene Bett sind nach den 2 Monaten mit teils echt fragwürdigen Matratzen und ebenso seltenen wie seltsamen Warmwasserspendern purer Luxus, es ist schön wieder zuhause zu sein!!!
Am nächsten Tag sind dann auch gleich ca. 30 Leute in eins meiner Lieblingsrestaurants, das Himali in der Crellestr. 45, eingeladen. Da an diesem Tag kein Fußball ist, können wir die eigentlich für das Public Viewing gedachte Riesenglotze zum zeigen der in den Flugpausen von Müll befreiten Fotogalerie nutzen, der Wirt, ein Tibetaner(?), kann sich kaum losreißen, daher dauert der normalerweise recht flotte Bestellvorgang diesmal etwas länger. Außerdem gibts noch ein Halstuch und eine Gebetsfahne aufs Haus. Tolle Geste. Nachdem die ca. 750 Bilder zwei mal durchlaufen, und ich mir den Mund fusselig berichte, haben alle gut gegessen und getrunken, so findet dieser schöne Abend gegen halb eins sein Ende.
Seit gestern bin ich denn auch (ungeplant) wieder am arbeiten und habe mit großem Genuss mittags ein Döner verputzt. Lecker!

Freitag, 15. Juni 2012

Adios!


15.6.2012
La Paz

Ihr habt es ja vielleicht schon auf Bettinas Website gelesen, wir gehen getrennte Wege. Nach zwei tollen Monaten, 43 Tagen auf den Rad, 3675km und 42000hm voll von unvergesslichen Bildern, Eindrücken und Erfahrungen, wird sie ihren Weg allein fortsetzen. Und Nein, wir haben uns wirklich nicht gestritten.
Diese Option bestand schon, bevor ich losgeflogen bin, daher ist dieses vorzeitige Ende unseres gemeinsamen Weges zwar etwas überraschend, aber völlig in Ordnung. Für mich ist ein Alleingang nicht vorstellbar, also werde ich von hier nach Hause fliegen.
Vorher werden wir noch ein wenig Wartung an Bettinas Rad betreiben, Gepäck sortieren und natürlich die Stadt angucken, wenn die Zeit reicht, denn erstaunlicherweise gab es einen bezahlbaren Flug schon am 18.6.

No Pics, no tracks...

Donnerstag, 14. Juni 2012

Ein dickes Ding und viele Wellen


9.6.2012
Cochabamba

Nach unfreiwillig langer Pause ohne größere Stadtbegehung bleibt mein erster Eindruck erhalten. Diese Stadt ist laut, voll und stinkt. Hier ist jedes noch so kleine Moped mit einer Hurratüte ausgerüstet, und selbst die Busse brüllen wie ausgewachsene Dragster. Ich mag ja den Sound von dicken V8-Motoren, aber wenn man krank im Bett liegt und deshalb nicht schlafen kann...Der Gestank geht auch hauptsächlich auf den Verkehr zurück, die größtenteils altertümlichen Triebwerke blasen unverbrannten Kraftstoff in die Luft, als würde das Zeug nix kosten. Und da das System Haltestelle sich hier nicht durchsetzen konnte, bleibt der Verkehr natürlich in schöner Regelmäßigkeit hinter Bussen und Taxis in den schmalen Straßen stehen. Da bin ich mal gespannt auf La Paz, da soll das noch schlimmer sein...Aber nach einem ausgedehnterem Spaziergang findet man doch noch schöne Ecken, ein großer Platz mit schattenspendenden Bäumen, wo Indigenas frisch gepressten O-Saft verkaufen, ein nettes Cafe, wo unaufdringliche Musik läuft, den einfach unglaublichen Markt, der sich über mehrere Stadtviertel zu ziehen scheint....aber laut, dreckig und stinkig bleibts...

10.6.2012
Cochabamba-Bergauf

Die Routine hat uns wieder. Nach noch nicht 100% ausgestandener Darminfektion bin ich zwar noch nicht wieder am Bäume ausreißen, aber ein bißchen Rad fahren wird schon gehen...jaja...die ersten 40km geht es noch leicht bergab oder geradeaus, aber schon bei der kleinsten Minirampe merke ich, das mein Körper doch ziemlich gebeutelt ist. Irgendwie habe ich ein falsches Höhenprofil vor meinem geistigen Auge, der Anstieg ist nicht nur viel länger, sondern auch noch steiler als gedacht. Schönet Ding, gleich so ein Hammer zum Wiedereinstieg. Wir klettern und klettern, ich bin schon länger leise am schimpfen, bei ca. 3300m, gut 1000 mehr als am tiefsten Punkt, geht die Kurbel nicht mehr rum. Also schlagen wir mit freundlicher Genehmigung der Hüttenbewohnerinnen, die uns außerdem Bier verkaufen, am Wegesrand unsere Zelte auf. Erst als die Zelte stehen, merken wir erst was für einen fantastischen Ausblick unser heutiges Schlafzimmer hat. Da bin dann wohl an der richtigen Stelle zusammengebrochen...;-)

11.6.2012
Bergauf-Confital

Bis auf einen hysterischen Kläffer, der die halbe Nacht das Tal wach hält, wird unser Schlummer nicht beeinträchtigt, selbst die Brummis, die ununterbrochen den des Weges kommen, lullen uns eher in den Schlaf, als uns wachzuhalten.
So erholsam der Schlaf auch war, ich mag eigentlich nicht aus meinem kuschelig warmen Schlafsack. Aber hilft ja nix, aufstehen, frühstücken, packen, losfahren. Ab dem ersten Meter bergauf, sacksteil, und das für ganz schön lange...Ich bin immer noch nicht wieder richtig fit, also geht es, wie gestern auch schon, im Tiptop-Schritt den Berg hinauf. Und oben, auf über 4000m, wartet die Sensation des Tages: Ein Passschild!!! Das allererste in Südamerika, das ich sehe, dabei hatten wir ja schon einiges an Pässen...Eine kurze Zwischenabfahrt inklusive Mittagssuppe sorgt für kurzzeitige Erholung, dann geht der Spaß von vorne los. Erstmal eine Weile ernsthaft klettern, dann eher welliges Profil, garniert mit eiskaltem Wind aus allen Richtungen, einige Wolken verdecken zwischendurch die Sonne, es werden zusätzlich Bekleidungsschichten nötig. Kurz nach 17:00 treffen wir tiefgekühlt in Confital ein, einem winzigen Ort mit einigen Restaurants, einer Mautstation, aber keinem Hostal oder ähnlichem. Nach einigem Suchen und Fragen dürfen wir in der Schule übernachten. Bis in „unser“ Klassenzimmer werden wir von einer Horde Kinder eskortiert, die sich nicht fotografieren lassen, aber uns auch nicht in Ruhe umziehen lassen wollen.


12.6.2012
Confital-Konani

In unserem Klassenzimmer ist es doch noch recht frisch geworden, aber ein weiteres Mal macht vorgewärmte Klamotte den Start in den Tag leichter. Flott die Räder bepackt, die Möbel wieder zurecht gerückt, und ab zum Frühstück in einen Laden, wo es gestern Abend schon Tee gab. Um 9:00 sitzen wir auf, um den Rest, ca. 16km, des Cerro de la Cumbre zu erklimmen. Viel Höhe fehlt Gott sei Dank nicht mehr, die letzten zwei Tage waren hart genug. Heute sind meine Beine wieder da, der Rücken spielt auch mit, die Nöte der letzten Tage verblassen spätestens am Passchild. Immerhin gibt’s eins, normalerweise sind 4500m-Hügel dem Bolivianer solche Mühe nicht wert, da baut man einfach eine Straße drüber und gut ist. In den Wellen hinter dem Pass verschwindet die Sonne hinter Wolken, und es wird schlagartig kalt. Garderobenstop, Thermohosen, dicke Handschuhe und so werden zum Einsatz gebracht. Dann geht es auf einer weiteren sehenswerten Abfahrt zu Tal, im Nu sind 500hm verbrannt, dafür werden die Temperaturen auch wieder erträglich, die Berge werden flacher, und schlussendlich sind wir mal wieder auf einer weitläufigen Hochebene, oder Altiplano, wie man hier sagt. Der Wind steht halbwegs brauchbar, also fangen wir an, noch schnell ein paar Meilen zu fressen. Kurz vor unserem heutigen Tagesziel ist sie dann da: Die von allen Reiseführern, dem Auswärtigen Amt und sowieso jedem prophezeite Straßenblockade, hierzulande offensichtlich ein beliebtes Mittel zur politischen Meinungsbildung. In unserem Fall streiken Mineros für bessere Arbeitsverhältnisse. Während sich vor der Blockade Busse und LKW stauen, rollen wir unter lautstarkem Applaus einfach durch. Da wird sich so mancher gedacht habe: Radfahrer müsste man sein...
Als Resultat der Blockade sind in Konani alle Unterkünfte belegt, so landen wir wieder in einer Schule, nur diesmal in einer Rumpelkammer, die ist dafür kuschelig warm.

13.6.2012
Konani-Calamarca

Neugierig beobachten uns die Schüler beim Beladen der Räder, die meisten grüßen freundlich, die Lehrer stehen staunend auf dem Hof, wo mehrere Klassen irgendwie exerzieren. Kurz hinter dem Ort ist dann die zweite Blockade, über Nacht haben sich hier fast 10km lang Busse und LKW angestaut. Gut für uns, so war die Nacht nicht nur warm, sondern auch leise. Die Stimmung am Stau ist vergleichsweise entspannt, in Deutschland hätte sich längst ein Lynchmob gebildet...
Die Straße zieht sich fast geradeaus in langen Wellen dahin, die Unterschiede in der Landschaft sind gering, hier hat der liebe Gott auch mit einer großen Bratpfanne draufgehauen. Nach gut 90km landen wir in Calamarca, wo es mal wieder keine Pensionen oder Hostels gibt. Das hatte uns der Wirt unseres Mittagslokals zwar schon angekündigt, aber die Unterkünfte im Ort 10km zuvor sind alle belegt oder unverschämt teuer. Aber hier haben wir echtes Glück, gleich die erste Anfrage bei einer deutschen Stiftung für Weiterbildung und Technologie beschert uns ein Zimmer mit Doppelstockbett, dem ersten eigenen Bad seit ewig, Fernseher (pünktlich zur letzten Minute + Nachspielzeit des Deutschland-Holland Spiels sind wir da) und angeschlossener Gastronomie.

14.6.2012
Calamarca-La Paz

Das war der beste Schlafplatz seit langem! Ruhig, gute Matratze, nicht zu kalt, daher gehen die Äuglein auch erst mit leichter Verspätung auf. Macht nix, bis La Paz sind nur noch ca. 60km übrig, also kein Grund in Hektik zu verfallen. Dank der uns schon seit längerem begleitenden Baustelle zum Ausbau der Verbindung La Paz – Oruro ist der Verkehr etwas nervig, aber ansonsten ist es so ziemlich wie gestern: Rechts und links Altiplano, welliges Profil. Aber bei Kilometer 15 gibt es dann endlich mal wieder echte Berge mit Schnee drauf und so zu sehen. An deren Fuss sieht man schon die Smogglocke von La Paz und El Alto, sozusagen eine Zwillingsstadt. El Alto liegt oben auf dem Plateau während La Paz im einem Tal liegt. Die Abfahrt über die Stadtautobahn verbrennt auf dürftigem Belag gut 300 Höhenmeter, aber der Blick über die Stadt ist schon geil...


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Dienstag, 5. Juni 2012

Auf und ab


1.6.2012
Sucre-Puente Arce

Nachdem der gestrige Abend in Völlerei und Halbtrunkenheit endete, fällt das Aufstehen heute verblüffend leicht. Kein Wunder, rücksichtslose Zeitgenossen poltern sehr früh im Hostal umher, also fange ich an mein Zeugs, das nach drei Nächten schon gut verteilt ist, zusammen zu packen.
Der Abschied von Sucre fällt leicht, wir hatten ziemlich viel Städte in den letzten Tagen, überall war es auf die eine oder andere Art schön, aber jetzt lockt wieder der Ruf der Wildnis. In der Stadt müssen wir noch über ein paar Wellen, dann lassen wir die weniger schönen Randbezirke hinter uns und genießen wieder den Blick in die Ferne. Auch der heutige Tag steht im Zeichen des Höhenmeter vernichtens. Mit reichlich knackigen Gegenanstiegen fallen wir von 2800m auf 1500m, das Alles verteilt auf ca. 90km. Ab morgen ist dann wohl erstmal wieder ernstes Klettern angezeigt, das Höhenprofil verspricht einiges...
Dafür haben wir heute, trotz des am Morgen bedeckten Himmels, mit sommerlichen Temperaturen – immer dran denken, hier ist WINTER!!! - und einem weiteren Feuerwerk an Landschaft, Farbe und Vegetation unseren Spaß. Zu guter Letzt stellen wir erstmals seit langem wieder unser Zelte auf. Auf einer Wiese am Fluß, auf der tagsüber Esel, Schweine und Ziegen weiden, kochen wir endlich Spaghetti, die schon seit San Pedro de Atacama als Ballast dabei sind. Dazu gibt es Bier, Schokobonbons und mal wieder einen Sternenhimmel, der nur von dem viel zu hellen Mond gestört wird.

2.6.2012
Puente Arce-Alquile

Gut geschlafen hab ich, das steht mal fest. Ansonsten lässt sich der Radtag in Kurzform etwa so beschreiben:
Wetter: Bombig, fast zu warm
Landschaft: Mal wieder wie Südfrankreich (glaub ich)
Straße: Bergauf, mittelfiese Piste, einiges an Fluchpotential
Etwas ausführlicher:
Schon beim Abbau des Zelts ereilt mich der erste Schweißausbruch, ich starte den Tag ohne Trikot, dafür habe ich jetzt eine neue, rote Kante am Arm...Da wir nach Norden unterwegs sind, werde ich von vorne gegrillt, während mein verschwitzter Rücken von einem leisen Lüftchen soweit gekühlt wird, das die Rückenschmerzen von neulich wieder auftreten. Mist. Trikot anziehen hilft, ändert aber nix am Straßenzustand. Ziemlich holperig, irgendwo liegt immer ein loser Stein, der das Rad unkontrolliert versetzt, wenn man drüber fährt, Luft ablassen bringt auch keine echte Besserung. Dazu steigt die Straße, wie angekündigt, permanent an, wir holen uns heute gut 1000hm von den gestern verbrannten wieder. Die ständige Suche nach der glattesten Spur wird dadurch erschwert, das jedes Auto und jeder LKW eine Staubfahne aufwirbeln, die einen mit Sichtweiten um die 25m beglückt. Natürlich sehen Mann und Maschine entsprechend aus, den ganzen Tag knirscht es zwischen den Zähnen. Diese Bedingungen fordern natürlich volle Konzentration auf die Straße, daher heute kein einziges Foto und auch nur bei den wenigen Pausen an schattigen Stellen ergibt sich Gelegenheit, mal um sich zu schauen. Piste fahren ist zwar irrsinnig authentisch, aber ein Fan werde ich wohl nicht mehr...;-)
Nach „nur“ 52 km endet der heutige Radtag mit warmer Dusche in Alquile, vollmundig angekündigt als „La Municipal de Charango“. Was das ist? Wusste ich bis vorhin auch nicht, es handelt sich offensichtlich um eine Art Zwerggitarre mit 8 Saiten, die hier in größerer Stückzahl hergestellt wird...Ohne Netz kein Wikipedia...

3.5.2012
Alquile-Epizana

Ein fauler Tag. Erst bis halb neun pennen, dann nur 32km fahren, um sich dann chauffieren zu lassen. Aber das musste so. Aus Alquile rollt man schon nicht auf der besten Straße, aber danach wird es erst richtig lustig. Der Stolz der bolivianischen Steinsetzerinnung breitet sich vor uns aus. Ein Band aus bösem Katzenkopfpflaster, in einer gepflegten Viererreihe an die Landschaft geschmiegt, über Berg und Tal, kein Ende absehbar. Das Ende kommt dann irgend wann, nach nur 74km, in Totora, einem Marktflecken, eingebettet in grüne Hügel (die freilich alle ca. 3000m hoch sind). Aber die ganze Show geben wir uns nicht, der erste LKW, der des holperigen Weges kommt, hält an und erlöst uns von Popo-Aua, schmerzenden Handgelenken und beginnenden Rückenschmerzen. Für umgerechnet 3€ pro Nase eine preiswerte Alternative, zumal man von der Ladefläche unseres Taxis prima knipsen kann, was sich heute mal wieder lohnt,und außerdem Sachen sieht, die einem auf dem Rad wohl verborgen geblieben wären. Und sowieso wollte ich schon immer mal so auf einem Laster mitfahren.
Epizana ist eigentlich nicht viel mehr als eine Kreuzung auf 2900m, aber hier gibt es Pension, ein paar Lädchen und vor allem Asphalt :-) Kaum eingecheckt, trifft ein weiteres Reiseradlerpaar ein, nach kurzem Geplänkel auf Englisch stellen wir muttersprachliche Gemeinsamkeiten fest. Sabine und Klaus, eigentlich aus dem Rheinischen kommend, sind inzwischen den größten Teil des Jahres als Reiseleiter in Neuseeland tätig, Bei Essen und Bier wird fröhlich geplaudert, ein netter Abend!

4.6.2012
Epizana-Punata

Die halbe Nacht donnert uns die neue Karaokemaschine der Herbergsmutter alle nur denkbaren und undenkbaren Songs durch die Decke, nur mitsingen tut niemand, oder halt zu leise. Der Chefin ist es egal, die Bude ist voll, und sie feiert den Neuerwerb kräftig mit, woraufhin sie bei unserer Abreise echte Nöte hat, die Zimmerrechnung von uns und den anderen Radfahrern getrennt zu betrachten...Jaja, Teufel Alkohol ;-)
Wir verabschieden uns von Sabine und Klaus, die in die andere Richtung, nach Santa Cruz, weiterfahren, während unser Weg erst mal eine mehrstündige Kletterei westwärts durch ein echt hübsches Tal bereithält. In einer kleine Welle zum warmwerden und einer großen für die Höhenmetersammlung kurbeln wir uns auf gut 3700m, die im Anschluss sofort wieder verbrannt werden. Unser heutiges Tagesziel, Punata, liegt sogar noch etwas tiefer als der Start auf einer Hochebene, die auf den ersten Blick keine Augenöffner zeigt. Dafür sind wir in der Abfahrt beinahe vom Winde verweht worden, Erinnerungen an die Befahrung des Mont Ventoux werden wach, bei einem Fotostop schiebt es derartig von hinten, das ich die Bremse festhalten muss, um nicht gemeinsam mit dem Packesel in den Abgrund geweht zu werden – heftig!

5.6.2012
Punata-Cochabamba

Das Bett eine Wanne, die Hunde überaufmerksam, irgendwas am Abendessen schlecht...keine gute Nacht. Mit Übelkeit im Bauch und Schmerzen im Rücken kommt es grade recht, das Cochabamba nur noch 45km weit weg ist, und das meist bergab. Der Weg über die schon erwähnte Ebene ist unspektakulär, stark befahren und – Überraschung: Pan Americana!!! Da waren wir zwar gestern auch schon drauf unterwegs, aber das hatte ich nicht realisiert.
Der erste Eindruck von Cochabamba ist laut, stinkend, voll. Da meine Aufmerksamkeit vorläufig stark auf Porzellan fokussiert ist, fällt der Nachmittagserkundungsgang aus...
Aber da wir morgen auch noch hier bleiben, wird sich schon noch eine Gelegenheit ergeben die als Boomtown beschriebene Halbmillionenstadt wenigstens im Ansatz besser kennen zu lernen.


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Donnerstag, 31. Mai 2012

Abwärts ins Warme

27.5.2012
Potosi

Aaaah – Ausschlafen! Danach das zugegebener Maßen etwas schmale Hotelfrühstück, dann Mailcheck, gibt’s schon Reaktionen auf das letzte Blogpost? Nachdem der Akku des Netbooks in die Knie geht, treibt es mich auch auf die Straße. Zum einen muß ich noch die Ingredienzien für unser Frühstück unterwegs, Haferflocken und Milchpulver, auffüllen, zum anderen will ich natürlich auch was von der Stadt sehen. Potosi hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich, in der sich fast alles um die Schätze des „Hausberges“, des Cerro Rico dreht. Schon früh wurde Silber gefunden, und die Spanier beuteten die Vorkommen sogar unter Zuhilfenahme von afrikanischen Sklaven aus. Als Resultat dieser Zeit hat die Stadt eine wunderschöne Altstadt mit vielen kolonialen Bauten. Auch unser Hotel gehört dazu.
Wie anscheinend überall in Südamerika ist sowas wie ein Ladenschlussgesetz fremd, auch am Sonntag hat fast alles offen, nur während der Siesta bleiben nur die zahlreichen Handyshops offen.
Nach einigem Rumgelatsche finde ich einen der typischen Märkte in mehreren großen Hallen. Auch hier herrscht am Vormittag noch gemäßigte Betriebsamkeit, aber ich kriege was ich will und kann mich dann wieder dem Müßiggang widmen:-) Nachdem ich auf dem Weg vom Markt mehrfach von einer kirchlichen Prozession aufgehalten werde, sitze ich jetzt wieder im Cafe und freue mich auf ein schönes Stück Kuchen und einen leckeren Cafe con Leche...
Da es die indigene Bevölkerung, die hier den Hauptanteil stellt, nicht leiden kann, photographiert zu werden, und ich auch nicht wie der letzte Tropf hier rumknipsen mag, gibts davon leider keine Bilder.

28.5.2012
Potosi-Millares

Während sich zu unchristlichen Zeiten die ersten Rucksackträger zum Frühstück drängeln, packen wir erstmal die Räder. Als wir mit unserem Morgenmahl fertig sind, stehen Menschen in Verkleidung im Patio des Hotels rum: Originale Minenarbeiterbekleidung ist Pflicht für den Besuch der Stollen.
Wir verlassen das Gehöft in Richtung Sucre, dem Regierungssitz Boliviens. Das sind ca. 160km, also 2 Etappen, von denen die erste in fast schon schmerzhafter Weise Höhenmeter verbrennt. Von fast 4000m plumpsen wir mit einigen unbedeutenden Gegenwellen auf 2300m, zum morgigen Tagesziel Sucre müssen wir dann nochmal auf 2800m klettern.
Hier „unten“ im Tal ist es sommerlich warm, eine echte Wohltat nach den eisigen Tagen. Auch verschwinden mittlerweile normale Dinge aus dem Bild: Lamas, Vicunas und sonstige Hochlandbewohner werden durch Kühe, Schafe, Ziegen, Hühner und Schweine ersetzt, alle laufen irgendwie frei umher. Auch das aus Chile bekannte Hundethema kommt wieder auf.
Die Strasse ist immer noch vom allerfeinsten, die heutigen Abfahrten machen den Wunsch nach meinem Rennrad größer. Wer zu viel Geld hat, und nicht weiß, wo er sein nächstes Höhentrainingslager machen soll: Zwischen Uyuni und Sucre geht was...
Der heutige Abschnitt endet in Millares, einem winzigen Ort, der nicht mal auf der Karte zu sehen war. Etwas über 100km sind um, wieder einmal gab es krasse Wechsel in Landschaft und Vegetation, fast zu viel für einen Tag, obwohl die Fotoausbeute eher schmal ausfällt. Wir finden eine Pension, wo lustig gefeiert wird: Der Dia de la Madre scheint etwa so zu funktionieren: Erst werden 2 Tage lang Torten gefressen, und am dritten Tag saufen sich die Mütter richtig einen an. Ich werde zum tanzen genötigt, Bier fließt in Strömen, kurze Zeit später weinen die Madres aus mir unbekanntem Grund, dann wird zum Trost weiter geschluckt. Um 19:30(!) treten wir den strategischen Rückzug an, die Muddis sind sternhagelvoll, es wird wieder geweint...Der Wunsch nach einem echten Kontakt zu den Leuten kann kaum besser erfüllt werden...

29.5.2012
Millares-Sucre

Die Nacht war die wärmste seit langem, nur mit dem Seideninlet für den Schlafsack penne ich bis zum Morgengrauen auf der etwas seltsamen Matratze, deren Qualitäten mir den ganzen Tag zu schaffen machen werden. Die Dame des Hauses ist offensichtlich leicht angeschlagen von den Exzessen des vergangenen Abends, kurz angebunden und mürrisch gibt sie uns heißes Wasser für das Frühstück und nimmt ebenso die lächerlich erscheinende Bezahlung für Abendessen, Bier und Unterkunft entgegen. Erst beim Abschied lächelt sie wieder...
Der weitere Weg nach Sucre schraubt sich gemächlich mit kleinen Zwischenabfahrten in die Höhe, Millares liegt auf 2300m, unser Ziel auf 2800m. Dank der Matratze gestalten sich die Anstiege für mich schwierig, da die Rückenschmerzen kraftvolles Treten nur bedingt zulassen. Sehr ärgerlich, wenn man das erste Mal seit langem wieder genug Luft zur Verfügung hat um genau das zu tun...
Die Landschaft ist schön, Erinnerungen an Südfrankreich werden wach. Nur 2000m zu hoch:-) Kurz nach dem Start kommt uns ein Rennradler entgegen, offensichtlich auf Trainingsrunde, später kommt er noch mal von hinten vorbeigezischt – Neid!!! Aber wie schon erwähnt: Gutes Revier...
Kurz vor Sucre liegt rechts der Straße ein Schloss, anscheinend hatte irgendwer zuviel Geld. Bei genauerer Betrachtung gehört das Bauwerk zu einer militärischen Anlage, auf einem Platz trabt eine Kompanie Uniformierter dahin, während sich an anderer Stelle einer am Barren befleißigt und prompt auf den Arsch fällt. Schadenfreude hat immer noch was, erst recht wenn einem selber der Buckel zwackt...
Die erste Begehung in Hostelnähe zeigt uns eine bunte, quirlige Stadt mit allem drum und dran, wie es aussieht, werden wir 3 Tage hier bleiben um das zu erkunden.

30.5.2012
Sucre

Der erste Eindruck hat nicht getäuscht! Hier ist wirklich was los. Ähnlich wie auch schon Potosi glänzt die Stadt mit vielen Kolonialbauten. Sucre ist mit gut 200000 Einwohnern für bolivianische Verhältnisse schon eine echte Metropole und außerdem Boliviens Regierungssitz. Das macht sich auch in starker Polizei- und Militärpräsenz bemerkbar, allerdings ohne bedrohlich zu wirken. Unerwartet viele Frauen stecken in den Uniformen. Der Mercado Central ist eine weitere typisch südamerikanische Markthalle, hier gibts alles, wenn man weiß, wo man suchen muss. Neben frischen Lebensmitteln aller Art und allen möglichen Haushaltsartikeln gibt es hier auch jede Menge Fressbuden, wo Frauen verschiedenste Leckereien und auch sauleckere Milchshakes frisch zubereiten.
Im Augenblick sitze ich in einem Restaurant am Plaza 25 de Mayo, und draussen zieht, obwohl es mitten in der Woche ist, die dritte Marschkapelle vorbei, die mehr laut als schön kann, aber das macht nichts, jede Menge Leute laufen mit. An den Ampeln, die tagsüber eher Empfehlungscharakter haben, regeln Polizistinnen(?) in Zebrakostümen den Verkehr – verrückt, aber schön...

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Sonntag, 27. Mai 2012

Auf der Höhe...


14.5.2012
San Pedro de Atacama-Bergauf

Mehr als pünktlich packen wir unsere Sachen und machen uns auf den Weg zur chilenischen Zollstation, die wieder erwarten nicht an der Grenze zu Bolivien liegt, sondern am Ortsausgang von San Pedro. Pünktlich deshalb, weil ein vollständiger Reisebus hinter uns in der Schlange Aufstellung bezieht. Außerdem gibt es ein kurzes Gewinke mit einem Erfurter, der uns etliche Tage zuvor, freundlicherweise dolmetschend in einer Posada zur Seite stand.
Dann auf die Räder und die vermeintlich kürzeste Etappe aller Zeiten beginnt. Im Südamerika-Radreise-Buch ist der zu erklimmende Pass Hito Cajon als der härteste, brutalste Anstieg der Welt beschrieben. 2200Hm sind zu überwinden, dafür stehen 45km zur Verfügung, wovon die ersten 15 allerdings kaum merklich mit 1-3% ansteigen. Dann beginnt der Spaß: Permanent zwischen 6 und 10%, die schiere Länge, die stetig zunehmende Höhe, San Pedro liegt schon auf 2500m, die durch den erforderlichen Lebensmitteleinkauf und Wasservorrat noch schwereren Räder und die mit zunehmender Höhe fallende Temperatur geben dem Buch recht. Noch NIE hab ich mich derart geschunden!!! Gegen Ende mache ich alle 500m eine Pause, um Atmung und Puls wieder in den Griff zu kriegen. Üblicherweise liege ich dabei japsend mit dem Rücken auf dem wärmenden Asphalt. 3950m über dem Meer, nach nur 35km endet die Tortour, und wir bauen unsere Zelte an einer leerstehenden Lamahirtenhütte auf. Um 19:00 ist das Sonnenlicht aus, die Temperatur geht in den Sturzflug über. Nach wenigen Minuten zeigt das Thermometer schon -2°C. Gottseidank sind wir schon gefüttert und mit hilfreichem Cocatee getränkt, und so ziehen wir alle warmen Sachen an, die wir haben, und verziehen uns in die Schlafsäcke. Nach zwei Seiten fällt mir das Buch auf die Nase, und ich schlafe ein.

15.5.2012
Bergauf-Laguna Verde

1. Heute sind wir genau einen Monat unterwegs! 2. Gestern war nicht die kürzeste Etappe.
Erst um 8:00 kriechen wir aus unseren Zelten, die Nacht war ziemlich kühl, aber die ersten Sonnenstrahlen wärmen bereits deutlich. Nach Frühstück und packen geht es an die verbliebenen 750hm bis zum bisher höchsten Pass meines Lebens. Heute hat Bettina die schlechteren Beine, und so gehen wir das Reststück sehr ruhig an. Den Lenker bei 4km/h gerade zu halten ist fast so anstrengend, wie das pedalieren selbst. Zusätzlich wird der Wind, der immerhin schiebt, immer kälter. Kein Wunder, wir nähern uns der 4700m-Marke. Am Pass endet der Asphalt, auf Sandpiste geht es bergab zur chilenisch-bolivianischen Grenze. Da steht im Nichts ein Haus, da sitzt ein als solcher kaum zu erkennender Grenzer, der lässt uns ein Formular ausfüllen, haut uns einige Stempel darauf und in den Pass, dann wird noch kurz geschwatzt, und wir rollen die verbleibenden 5km zur Laguna Verde, wo wir als erstes den Eintritt in den hier beginnenden Nationalpark bezahlen (150 Bolivianos, ca. 15€) um dann im hiesigen Refugio einzuchecken. Das ist ein einfaches Domizil, aber ein Dach über dem Kopf, denn der Wind hat extrem aufgefrischt, und selbst dieses aus Vulkangestein gebaute, unbeheizte Haus ist ist besser, als im Zelt schockgefrostet zu werden. Nach nur 23km auf 4400m ist diese Etappe beendet. Den Abend verbringen wir, dick eingemummelt mit viel Tee und leckerem Essen, mit Christian und Tamara, ein Pärchen aus Österreich, die uns mit Tips für die weitere Fahrt versorgen. Die beiden stehen um 3:00 auf, um den benachbarten Vulkan Licancabor zu besteigen...

16.5.2012
Laguna Verde-Thermas Chalviri

Da die „Arbeitskleidung“ gestern Abend mit ins Bett durfte, ist der Einstieg heute nicht allzu schwer. Vorgewärmte Klamotte bringt Punkte!! Sowieso kommen heute alle möglichen winterlichen Bekleidungsstücke zum Einsatz, die gestrige Frostattacke hat uns sensibilisiert. So verlassen wir die Laguna Verde, die heute morgen wirklich grünlich schimmert, auf einer halbwegs holperigen Piste. Ein weiteres Mal gilt es die 4700m-Marke zu knacken, was deutlich leichter fällt als gestern. Kein Wunder, sind ja nur 300hm...aber geschnauft und geschoben wird trotzdem, teilweise ist die Piste sehr tief und an fahren ist nicht zu denken. Kurz hinter dem Pass finden wir ein windgeschütztes Plätzchen zum Mittag. Ein weiteres Mal verschlägt uns die neue Aussicht den Atem, vor allem, da die der letzten Tage stets durch den Licacanbur dominiert wurde. Kurze Zeit später erreichen wir die Dali-Steine, verrückte Felsformationen, die an Werke des Meisters erinnern. Wenige Holterdipolterkilometer später, inklusive Wasserflaschenverlust, erreichen wir Thermas Chalviri, wo wir als erstes in den 35°C warmen Thermalquellenpool hüpfen. Was für eine Wohltat mit grandiosem Panorama! Übernachtet wir heute auf dem Fußboden der Touristenabfütterungseinrichtung, morgen müssen wir um 6:00 aus den Federn sein, weil kurz danach die ersten Jeeps voll Badegäste eintreffen werden...

17.5.2012
Thermas Chalviri-Laguna Colorada

Um 5:00 fangen die Vorbereitungen für die Badegäste tatsächlich an. Kurz bevor die Ersten auftauchen, sind wir schon in Kluft und frühstücken. Der Wechsel des Landes fällt deutlich auf. In Chile hätte jede Thermoskanne heißes Wasser extra gekostet und für den Schlafplatz auf dem Fußboden wäre wahrscheinlich auch noch was fällig gewesen. Aber wir sind ja jetzt in Bolivien, und so verlangt der Chef müde 60 Bolivianos (ca. 6€) für das sehr leckere Abendessen und eine 2l Flasche Wasser,die wir mitnehmen.
Wer früh aufsteht, kann zeitig losfahren, um 8:30 sitzen wir auf den Rädern. Die Piste ist, wie angekündigt, kein Zuckerschlecken, stetig steigen wir auf, um bei Sol de Manana, dem höchstgelegenen Geysirfeld der Welt auf 4920m berechtigterweise schon ziemlich im Eimer zu sein. Und das nach nur 23km...Die letzten Nächte haben gezeigt, das es auf jeden Fall besser ist, ein festes Bauwerk für die Nacht zu haben, und so entschließen wir uns, zur Laguna Colorada abzufahren. wo sich ein Refugio befindet. Die Strecke ließ ja schon im Anstieg einiges zu wünschen übrig, aber jetzt wurde es richtig böse. Abwechselnd tiefer Sand, dicke Gesteinsbrocken und Waschbrettpassagen schütteln uns übel durch, und in mir kommt die Frage auf, was ich in meinem letzten Leben falsch gemacht habe, um so bestraft zu werden ;-) Aber immer wieder diese umwerfenden Ausblicke und zwischendurch doch noch eine ziemlich spaßíge Abfahrt. Die Laguna Colorada, die wir schon von weit oben sehen können, liegt strahlend rot im Tal (auf 4350m), umgeben von grünen Bergen. Nur haben heute die schönen Augenblicke fast nicht gereicht, um den Ärger über die hundsmiserable Straße zu kompensieren...

18.5.2012
Laguna Colorada

Nach den Strapazen der letzten Tag entscheiden wir spontan, einen Ruhetag einzulegen, und über den weiteren Umgang mit der Lagunenroute nachzudenken. Nach einigem Für und Wieder entscheiden wir, das es angesichts der Nachttemperaturen und der Streckenbeschaffenheit vernünftiger ist, einen Transport mittels Auto für den Rest der Strecke zu organisieren.
Aber vorher wandern wir noch zur Lagune, und bestaunen Flamingos in freier Wildbahn, die im roten Wasser umherstelzen.

19.5.2012
Laguna Colorada-Puerto Chuvica

Wie schon angekündigt, haben wir tatsächlich die Räder auf zwei Geländewagen geschnürt und rasen wie die Bekloppten durch diese dafür eigentlich viel zu schöne Landschaft. Die Autos sind bis auf jeweils einen Platz mit einer Eiltouristengruppe besetzt, und der Fahrer hält plangemäß an allen Sehenswürdigkeiten der Strecke. Diverse Lagunen, mit und ohne Flamingos, teils streng nach Schwefelsäure riechend, seltsame Gesteinsformationen, vielfarbige Berge, rauchende Vulkane und ein Salzsee ziehen binnen eines Tages blitzschnell an uns vorbei.
Unterwegs überholen wir zwei andere Reiseradlerpaare, ein wenig peinlich ist das schon...
Die rasanteste Etappe endet nach gut 250km in Puerto Chuvica, von wo aus wir morgen auf den Salar de Uyuni starten wollen.

20.5.2012
Puerto Chuvica-Rio Grande

Zeitig rumort es in unserm aus Salz gebauten Domizil, die Eiltouristen wollen um kurz vor 7:00 auf dem Salzsee sein, um den Sonnenaufgang zu bewundern. Wir lassen es etwas ruhiger angehen, die heutige erste Etappe über den Salar zur Isla Incahuasi ist nur 40km lang. Der Anfang des Weges besteht aus einem angeschütteten Deich, und schon bald zeichnet sich Ärger ab: Ziemlich viel Wasser steht auf der Oberfläche, was die Befahrung des Salars für uns unmöglich macht. Erstens ist das Salz unter Wasser eine sulzige Pampe, und zweitens würde die Salzlauge erheblichen Schaden an den Rädern verursachen. MIST!!! Das ist extrem Schade, denn gerade auf die Befahrung des Salars hatte ich mich ganz besonders gefreut:-( Also umkehren und die Alternativroute auf dem Festland nehmen. Die ist natürlich bei weitem nicht so spektakulär, viel länger und außerdem besteht sie aus ziemlich viel tiefem Sand, Wellblech, oder beidem... Zur Versöhnung gibt es aber doch noch ein Stückchen Salzsee, auf dem es auch recht ordentlich rollt, und kurz vor Einbruch der Nacht (18:00 ist Sonnenuntergang...) erreichen wir das Minendorf Rio Grande, wo wir, in Ermangelung jeder Form kommerzieller Übernachtungsmöglichkeiten, von einer extrem gastfreundlichen Laden- und Restaurantbesitzerin für die Nacht aufgenommen und auch noch gefüttert werden.

21.5.2012
Rio Grande-Uyuni

Nach Frühstück und Abschiedsfotos steht heute ein ziemliches Stück Arbeit an: Gut 100km trennen uns noch von Uyuni, mindestens die ersten 30 davon weiterhin recht unkomfortable Piste. So schlimm ist das dann aber doch nicht, es rollt verhältnismäßig gut und wir erreichen die nächstgrößere Straße nach zwei Stunden. Ab da ändert sich an der Streckenbeschaffenheit einiges. Die Straße ist deutlich breiter und über etliche Kilometer frisch planiert, aber der einsetzende Seitenwind hindert uns an einer flotteren Gangart, die letzten 2 Stunden dehnen sich wie Kaugummi, zumal man das Ziel schon aus ewiger Ferne sieht. Außerdem macht das Sitzfleisch Probleme. 170km Holterdipolter an zwei Tagen sind halt schon böse...
Abends jagen wir ein Lamasteak, und in dem Restaurant treffen wir zwei australische Reiseradler, Dan und Dylan, mit denen wir bei viel Essen, Wein, Bier und zum Schluß einer Pina Colada bis spät in die Nacht – das heißt für uns bis kurz nach 11 – quatschen. Ein schöner Abend nach einem anstrengenden Tag.

23.5.2012
Uyuni

Nach zwei Tagen abhängen in Uyuni, einer stark touristisch erschlossenen Stadt am südöstlichen Ende des gleichnamigen Salars, sind wir froh, morgen wieder auf die Räder zu kommen. In Uyuni selbst geht garnix. Fast ausschließlich Pizzaläden, ein wüstes Gerenne von Eiltouristen mit großen Rucksäcken, viele Franzosen und Israelis, aber auch viele andere Nationen sind vertreten. Überall stehen die schon bekannten Jeeps umher, die die Menschenmassen zu den Attraktionen verfrachten.
In einer Markthalle und auch davor verkaufen Frauen in traditioneller Bekleidung – Knielanger Rock, Melone auf dem Kopf, Poncho um die Schultern – alles mögliche an Fressalien, Klamotten und sonstigem täglichen Bedarf. Außerdem hat die Stadt einen Militärstützpunkt, daher sind recht viele Uniformen unterwegs. In den Internetläden kann man nicht mit seiner eigenen Kiste ins Netz, die Benutzung der USB-Ports, wenn überhaupt vorhanden, ist strengstens untersagt. Daher ist dieser Blog-Post auch ganz schön lang, weil so richtig ins Internet kommen wir dann wohl erst wieder in Potosi, der (angeblich) höchstgelegenen Großstadt der Welt. Für heute Abend haben wir uns als Speisestätte das La Loco ausgesucht, da steht nämlich ein großer offener Kamin, und es gibt daumendicke Lamafilets – mjam. Das mit dem Kamin ist deshalb wichtig, weil es hier einfach saukalt ist, da stets ein eisiger Westwind über das Altiplano weht. So sind wir gut durchgebraten und mit leckerem bolivianischem Rotwein befüllt ins ebenfalls eiskalte Bettchen gefallen.

24.5.2012
Uyuni-Ticatica

Irgend ein Schlauberger hat uns an einer der Lagune erzählt, die Straße von Uyuni nach Potosi sei zu 99,5% neu asphaltiert, was uns freut, denn in der Landkarte ist die noch als Piste markiert. Lieber Fremder: Wenn ein Weg 200 km lang ist, und 20km davon sind Baustelle mit Schotter und tiefem Sand, sind das 10%, also nur 90% sind asphaltiert...in Mathe gepennt, was? Genau diese ersten 20km beinhalteten dann auch den fiesesten Anstieg des Tages...Danach malt sich Freude in unser Gesichter, nigelnagelneuer Asphalt breitet sich vor uns aus, das erste Mal seit vielen Pistenkilometern. Zusätzlich haben wir mächtigen Schiebewind, es geht leicht bergab, die Landschaft wird immer schöner, und dank sinkender Höhe steigt die Temperatur. Plötzlich kommen winzige Ansiedlungen in rascher Folge, es gibt wieder Bäume, größere Lamaherden grasen an den Hängen. Der Weg führt uns über eine länger Strecke ein fast trockenes Flusstal herab, die Fotostops nehmen deutlich zu, mal wieder völlig neue Aussichten wollen eingefangen werden. In Ticatica, nach 85km, finden wir ein Domizil für die Nacht.

25.5.2012
Ticatica-Aqua de Castilla

Der Tag ist eine würdige Fortsetzung des gestrigen. Zwar bleibt die Baustelle weg, aber als erstes ist wieder klettern angesagt. Aber der Wind bleibt uns freundlich gesonnen, und so rollen wir auf diesem perfekten Asphaltband weiter in Richtung Potosi. In einem winzigen Dorf scheuchen wir
gegen 11:00 eine Dame aus den Vorbereitungen für die Ladenöffnung auf, und frühstücken Kekse, Cola und leckerste Kartoffelküchlein. Weiterhin weiß man nicht so recht, wo man zuerst hingucken soll, hier wird einem in farbenfroher und tief beeindruckender Weise gezeigt, wie das mit dem Gebirge auffalten geht. Reizüberflutet kommen wir nach 75km in Aqua de Castilla an. Eine weitere Minenansiedlung mit Bahnanschluß, aber leider ohne Unterkunft für uns. 500m vor dem Ort steht noch eine Gastronomie, wir sind sicher, im vorbeifahren irgendwas von Pension an der Wand gelesen zu haben. Auf nachfragen und lautes jammern über die Kälte kriegen wir ein schmales Bett in einer ebenso schmalen Kammer angeboten. Dafür dürfen wir in der kuschelig warmen Küche sitzen, kriegen Tee und Suppe, und verbringen den Abend staunend, wie die drei Damen des Hauses
Kuchen in großen Stückzahlen produzieren, morgen ist „Dia de la Madre“ - Muttertag, da werden wohl viele Torten gebraucht. Gleichzeitig betrinken sich auf dem Hof einige Mineros in Windeseile, es ist schließlich Freitagnachmittag, Heavy Drinking gehört auch bei der bolivianischen Landbevölkerung zum guten Ton;-)

26.5.2012
Aqua de Castilla-Potosi

Nach einer nicht ganz so erholsamen Nacht auf der schmalen Bettstatt stehen nur noch ca. 50km bis Potosi auf der heutigen Agenda. Ganz genau weiß man das nicht, weil die neue Strasse an etlichen Stellen von der Alten abweicht, und noch nicht kartographiert ist. Weder Googlemaps noch OSM sind im Bilde, was für ein teergewordenes Schmuckstück die Bolivianer da in die nach wie vor unglaubliche Landschaft gebaut haben. Ein weiteres Mal geht es über 4000m hinaus, heute sind meine Beine nicht ganz so toll, aber das macht garnix. Wieso? Es gibt ja auch noch die Belohnung fürs bergauf fahren: Die Abfahrt! Also mal ehrlich: Für die Downhills der letzten drei Tage würden Großmütter und Seelen verkauft oder sonstige Dummheiten begangen werden (wenigstens durch die Rennradgemeinde).
Aber das dicke Ende wartet immer am Schluss, und so ist der allerletzte Anstieg des Tages, nämlich der zum Hotel in Potosi, der allerschlimmste: Bis zu 17% zwingen uns aus dem Sattel und machen verpönte Schiebearbeit von Nöten...tststs...Aber auch das hat sich gelohnt, das Hotel ist, wie alles in Bolivien, extrem preiswert, es gibt heiße Duschen, Frühstück ist in den 90 Bolivianos (9€) für das Zimmer mit drin, WiFi gibt’s auch und die Betten sind groß. Außerdem liegt es in der Altstadt, und so müssen wir zu den schönen Orten dieser Stadt nicht auf Berge kraxeln. Und zu allem Überfluss haben wir auch schon Kontakt mit den beiden Australiern aus Uyuni aufgenommen, da steht also noch ein schöner Abend ins Haus :-)

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Samstag, 12. Mai 2012

Go East!

8.5.2012
Antofagasta-Carmen Alto

Nach zwei herrlich faulen, aber eindeutig verdienten Tagen mit gutem Essen, Wein, Bier und ausschlafen, hat uns die Ruta 5 wieder. Nach ca. 5km Gewusel durch die Stadt klappt die Straße nach oben und ein Anstieg mit 6-10% Steigung bringt uns im Schneckentempo von 0 auf 450m. Schon ist das Trikot wieder schweissnass, die erholsamen Effekte der Ruhetage scheinen verpufft. Oben erwarten uns einige angenehme Überraschungen: 1. Rückenwind!!!, 2. An der Straße wird fleißig gebaut, so haben wir mehrmals etliche Kilometer frisch asphaltierte Panamericana für uns alleine. 3. Da, wo ein Ort auf der Karte ist, gibt es tatsächlich einen, inklusive Posadas. 4. Kleine Änderungen der Packordnung verbessern das Handling der Packesel deutlich. 5. RÜCKENWIND!
So klettern wir zwar ein wenig über 100km ohne Unterlass, aber die Bedingungen gewähren uns leichtes Spiel, um nach knapp 6 Stunden Fahrt durch, wie sollte es anders sein, Dreck, auf 1345m in Carmen Alto unsere Zelte unter der Pergola einer Posada aufzuschlagen. Hier verlassen wir auch nach gut 1000km (endlich) die Panamericana, ein Wiedersehen mit der vermeintlichen Traumstraße gibt es erst wieder im Norden Perus.

9.5.2012
Carmen Alto-Calama

7:00 Uhr, mal wieder, der Wecker hätte getrost aus bleiben können, der Verkehr am frühen Morgen ist sowohl auf der Panamericana, als auch auf der Ruta 25, die uns Calama bringen wird, beträchtlich. Auch die Posada und die benachbarte Tankstelle sind bestens besucht. Hier treffen wir auch den netten Trucker, der uns einige Tage zuvor mit Saft und Wasser geholfen hat, wieder. Zu unserem Bedauern hat der Wind über Nacht gedreht, und wird demzufolge erstmal gegen uns arbeiten. Die „neue“ Straße unterscheidet sich äußerlich natürlich kaum von der Ruta 5, aber die Landschaft schon. War in den letzten Tagen noch vieles naturbelassen, bis auf die Spuren des Straßenbaus, ist heute schnell klar, worum es in dieser Ecke geht: Ausbeutung von Bodenschätzen. Der Dreck rechts und links ist fast überall wenigsten einmal von einer Baggerschaufel bewegt worden, an manchen Stellen sieht man schon aus der Ferne Staubfahnen aufsteigen, ein klarer Hinweis auf intensive Erdbewegungsarbeiten. Da die Straße weiterhin eher verhalten ansteigt, und das zerfurchte Angesicht der Atacama eher abschreckt, ist das Motivationsniveau überschaubar. Bis wir bei ca. Kilometer 90 über einen Buckel mit Kurve kommen und sich ein majestätischer Anblick bietet: immerhin noch 25km vor uns liegt Calama auf der Hochebene, dahinter ist eine ganze Kette schneebedeckter Berge zu sehen. Da wir schon auf über 2000m sind, wir schnell klar, das das richtige Dinger sein müssen. Die Karte attestiert jedem einzelnen eine Höhe von teils deutlich über 5000m. Da stinken die Alpen mal schlicht ab. Ein Anblick, zum heulen schön, der Soundtrack zum Bild war Juli mit „Ich liebe dieses Leben“ - irgend wie passend. Da weiß ich plötzlich wieder GANZ genau, warum ich hierher wollte.
Die Unterkunftsfindung in Calama war zäh, irgendwie ist fast alles ausgebucht, zu guter Letzt haben wir aber mal wieder ein schnuffeliges Hostal gefunden. Jetzt liegen wir völlig platt und gut gefüttert auf den Betten, trinken Bier, essen Mäusespeck und werden wohl in Kürze zusammenbrechen.

10.5.2012
Calama

Der Hauptgrund, hier einen Tag Pause zu machen, war, das wir, dank Marco, die Chance hatten, die größte Mine der Welt zu besichtigen. Die Chuquicamata-Mine ist das größte Loch, was von Menschenhand gegraben wurde: 5km lang, 3,5km breit, 1km tief. Selbst, wenn man persönlich am Rand dieser Grube steht, sind das unvorstellbare Dimensionen. Riesige Trucks, Eigengewicht 450 Tonnen, mit 300Tonnen Gestein in der Kiepe, 4m hohe Räder, kriechen scheinbar im Schneckentempo in ameisengleichen Konvois die Rampen auf und ab. Rund um die Hauptmine gibt es noch diverse kleinere Abbaustellen, aber schon von der Stadt aus sieht man die Abraumhalden: Künstliche Berge, hunderte Meter hoch, und die wachsen noch, das seit 2008 leerstehende Minenarbeitercamp – in Wirklichkeit ein vollständiges Dorf mit Kino, Theater, Banken, Fußballplatz, etc... - wird irgendwann verschüttet sein. Da hat jemand gut zugehört, als es einmal hieß: „Macht euch die Erde untertan“.

11.5.2012
Calama-San Pedro de Atacama

Heute steht ein dicker Buckel im Weg: 3415m ist er hoch (Cime de la Bonnette? Ein Hügel...;-)), sagt mein Garmin. Wenn man von 2265m startet, ist das gar nicht mehr sooo viel - dachte ich...Echt böser Gegenwind lässt den Anfang der 60km bis zum Paso Barras Arana nicht eben flüssig angehen. Aber irgendwer hat Gnade, und schaltet den Ventilator aus. Da diese ganzen Vorberge in Chile zwar hoch, aber wenig zerfurcht sind, geht auch diese Straße den geraden, asphaltsparenden Weg, ohne echte Höchstschwierigkeiten in den Weg zu legen. Maximal 8%, und das nur für wenige Meter, killen einen nicht. Das macht dann die schiere Dauer des Aufstiegs, weil Senken mit Gefälle, wo man mal die Beine ruhen lassen kann, gibt es nicht. Nach dem wir schon den Weg von Antofagasta bis Calama auf diese Weise erleben durften, schockt uns das nicht, tut aber trotzdem weh im Bein...
AAABER!!! Kaum über den Pass, leistet die Atacama, nach so vielen Tagen verwüsteten Drecks, Entschädigung. (Die Staubfahnen und die Abraumhalden der Chuquicamata-Mine kann man übrigens noch aus 50km Entfernung erkennen) Aufregende Gesteinsformationen, in völlig neuen Farben, im Hintergrund vom Andenhauptkamm mit schneebedeckten Gipfeln verziert, lösen ein wahres Motivklingelmassaker aus! Selbst ich, der in Abfahrten ja sonst nichts anbrennen lässt, halte mehrmals an, um zu versuchen, diese schlicht unglaublichen Aussichten mit der Knipse einzufangen, wahrscheinlich mit minderem Erfolg – wer das in Echt will: Flüge nach Chile sind gar nicht so teuer ;-)
Jetzt lümmeln wir in unserem ausnahmsweise vorgebuchten Hostal in San Pedro de Atacama rum und freuen uns auf einen weiteren Ruhetag, der seltsamerweise auf Bettinas Geburtstag fällt...
San Pedro selbst ist ein in vielen Reiseführern als Touri-Abzocke verpönt, aber mal ehrlich: Ein 3000-Seelen-Kaff im Nichts, zufällig mit Wasser gesegnet, umgeben von irrsinniger Landschaft mit vielen wirklichen Highlights, wovon sollen die Leute hier leben? Da kann man sich auch darüber beklagen, das Ischgl so gar nicht authentisch ist...
Die nächste Meldung wird ein wenig auf sich warten lassen, da wir beschlossen haben, die Lagunenroute mit Schlenker über den Salar de Uyuni zu fahren, was wohl knapp zwei Wochen dauern wird. Internetzugang ist in diesem Teil Südboliviens eher unwahrscheinlich...

Pics:

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Sonntag, 6. Mai 2012

Durch den Dreck gezogen

30.4.2012
Copiapo-Caldera

Nachdem morgens um 4:00 in unserem ziemlich schrottigen Residencial in Copiapo nach fast 20 Stunden ohne Strom plötzlich wieder das Licht angeht, – allerdings ein stadtweites Problem – springen wir aus den Betten, um die gebeutelten Akkus unserer Netbooks aufzuladen, denn ein weiterer Tag auf der Ruta 5, ohne echte Aussicht, ob die nächste Unterkunft Netz oder Strom haben wird, steht bevor. Ob diese Straße und ich jemals Freunde werden, bleibt ungewiss. Die ständig neue Landschaft, durch die sie uns führt, ist und bleibt der Hammer. Das sie uns heute die ganzen 78km bis Caldera, einem kleinen Touristenort an der Küste, mit Gegenwind von „Na doll“ bis „Mussdasdennwirklichseingrummelgrummelgrummel“ beglückt hat, ist ja eigentlich nicht Schuld der Strasse...Aber es ist und bleibt eine Autobahn, man fühlt sich nicht wirklich wohl auf dem Randstreifen. Trotz allem waren wir nach nur 4 Stunden am Ziel, ohne sonderlich dicke Beine, und haben uns, da die normalen Unterkünfte in der Spätsaison nochmal schnelles Geld machen wollen,
zur Abwechselung mal wieder bei der Feuerwehr eingenistet. DANKE an die Bomberos de Caldera. Auch hier sorgt erst das Wort „Aleman“ (Deutsche) dafür, das sich was bewegt. Die ursprünglich eher lethargische Dame im Wachbüro bekam leuchtende Augen und telefonierte die gesamte Hierarchie ab, um das O.K. für unseren Übernachtungswunsch einzuholen. Ansonsten sind die Chilenen eher reserviert, zu Gesprächen am Wegesrand kommt es faktisch nicht, auch wenn unterwegs fast jedes Auto oder jeder LKW kleine Hupkonzerte veranstalten, und die Hand mit Daumen hoch aus dem Fenster kommt. Selbst auf meiner Probefahrt mit dem Packesel durch den Grunewald bin ich öfter angesprochen worden – seltsam...

1.5.2012
Caldera-Chanaral

Während am Kotti und Umgebung wahrscheinlich schon alle Polizeikräfte und ihre Kontrahenten Stellung bezogen haben, zeigt sich die Panamericana heute wieder von ihrer schlechteren Seite. Kurz hinter Caldera wird die gut ausgebaute Autobahn wieder auf das Format einer schlechteren brandenburgischen Landstraße zurecht geschrumpft. Der Randstreifen ist schmal, schmutzig und zu allem Überfluss ziemlich wellig asphaltiert, so das nach kurzer Zeit mein Hintern glüht, als wäre ich schon 200 statt 20km gefahren. Zeitgleich ist natürlich das Bugwellenproblem wieder akut und es entwickelt sich alles in allem zu einem „Arbeitstag“. Wenigstens ausnahmsweise mal kein Gegenwind. Aber, wie bis jetzt jedes Mal, obwohl der Blick nach vorn nicht grade vielversprechend war, zumal die Chilenen ihren Müll anscheinend am liebsten einfach in die Wüste werfen, zaubert die Ruta 5 ein Lächeln in unsere Gesichter: Man muss halt auch mal nach hinten sehen...
Um 15:00 Uhr endet die 90km-Hoppelpartie in Chanaral, einem kleinen Badeort mit allerlei Sehenswürdigkeiten. Ein ziemlich abgewrackter Leuchtturm, der auf der Hinweistafel vollmundig als „Millenium-Tower“ angepriesen wird, kann über eine steile Treppe erreicht werden und bietet uns ein phantastisches Panorama über die Stadt, den Pazifik und die umgebenden Berge, die morgen bestimmt einige Gemeinheiten für uns in Petto haben. Außerdem gibt es hier völlig ohne Zaun und sonstige Sperrmaßnahmen eine Motocross-Piste, auf der sich lautstarke Quads und Kinder auf Minibikes zum Feiertagsvergnügen tummeln.

2.5.2012
Chanaral-Irgendwo im Dreck

Gut ausgeschlafen gehen wir die heutige Etappe an. Wo sie enden wird, ist noch ein wenig unklar, das Profil verspricht Arbeit und die Versorgungsmöglichkeiten werden, je tiefer wir in die Atacama-Wüste kommen, immer spärlicher. Im Augenblick sind wir mit allen 60km noch gut dabei, was allerdings bedeutet, das heute 120km auf dem Plan stehen. Also fahren wir los und schrauben uns von Chanaral, das direkt am Meer liegt, im Hinterland in die Höhe. Die Ruta 5 ist heute nett, gleich nach dem Ortsausgang ist eine Baustelle, die den Verkehr nur wechselseitig auf einer Spur durchlässt, was zur Folge hat, das Busse, Trucks und Autos immer schön im Päckchen von hinten kommen. Ausserdem ist die Strasse nigelnagelneu, wir haben Schiebewind, und so rollt es flott dahin. Die Atacama hält heute keine AH-und-OH-Momente bereit, eher gleichförmige Strukturen und nur geringe Farbwechsel animieren nicht zum Knipsmassaker. Um genau zu sein, ist das im Augenblick eher alles ein Riesensandkasten oder die größte Geröllhalde der Welt...Mittag gibt es in Las Bombas, was man laut Langenscheidt mit „Die Pumpen“ oder mit „Die Bomben“ übersetzen kann. Was hier zutrifft bleibt uns verborgen. Hier ereilt mich auch der 2. Speichenbruch und keine 8km weiter die Nummer 3. Lästig...Nach 123km sind wir an einem Verkehrsknotenpunkt im Nix, hier ist ein Flughafen, die nächste größere Ansiedlung heißt Taltal und ist 22km weg. Da von den 3 Posadas (Gasthöfe), die alle groß mit Unterkunft warben, alle ausgebucht sind, musste Bettina beim letzten um ein Plätzchen für unsere Zelte betteln, und so stehen unser Faltdomizile mal wieder irgendwo im häringsverweigernden Dreck und der Generator der Posada brummt uns ein Gute-Nacht-Lied.

3.5.2012
Irgendwo im Dreck-Irgend woanders im Dreck

Eigentlich so wie gestern, nur das heute die Beine nicht so recht wollen. Der erste Anstieg beginnt unauffällig direkt bei Abfahrt. 36km später sind wir auf dem ersten Pass des Tages und haben bei großer Hitze ganz schön gelitten. Die Hasstirade auf Wüsten im allgemeinen, die Atacama im besonderen, erst recht mit der Ruta 5 und außerdem sind alle Chilenen doof (außer Cynthia und Marcela) und wie kann man da freiwillig hinfahren, blablabla, ist im Kopf schon fertig, als auf eben diesem ersten Pass ein Truck hält, heraus springt Gabriel, lädt uns zu Tunas (Kaktusfrüchte) ein und nötigt uns dann auch noch jede Menge Trinkwasser auf, was wir im Moment sehr gut brauchen können. Das rettet den Tag und korrigiert den Ruf der Chilenen, eine maulfaule, unfreundliche, desinteressierte Bande zu sein. Gabriels Meinung dazu: Alles Kleingeister....
Dann kurz 4km den Pass herab, gleich in den Gegenanstieg, kommt nach wenigen Kilometern die einzige Posada weit und breit: Agua Verde. Nach leckerem Mittagessen (Fleisch und Spaghetti) und Unmengen an Getränken geht es an die zweite Welle. Die dehnt sich auch ordentlich und führt uns auf immerhin 1960m. Kurz danach soll eigentlich eine Polizeistation kommen, wo man auch Wasser bekommen kann, aber Fehlanzeige, nichts zu sehen von den Carabinieri. Mist! Wir fahren noch ein wenig auf das Hochplateau, halten einen Truck an, und schnorren Wasser, um dann einige hundert Meter abseits der Straße, auf 2030m in einer Mulde unser Camp aufzuschlagen. Der Sonnenuntergang über der Atacama, der strahlende Mond und der Sternenhimmel, sowie ein leckeres Abendessen versöhnen mich mit allen Dingen, die mich an diesem Tag geärgert haben.

4.5.2012
Irgend woanders im Dreck-Noch woanders im Dreck

7:00 Uhr, der Wecker klingelt. Ich habe hervorragend geschlafen in unserer Dreckmulde. Nach Frühstück und Packorgie geht es auf die Räder, um eine weitere staubige Etappe Richtung Antofagasta in Angriff zu nehmen. Gleich zum warm werden 10km Anstieg, sanft aber stetig, bringen uns auf die Cima Coppi unserer bisherigen Reise: 2174m! Kurz nach dem Pass arbeitet ein weiterer Trucker an der Ehrenrettung Chiles. Er stoppt kurz vor uns an einer Haltebucht und springt mit Orangensaft bewaffnet aus dem Führerhaus. Wir erzählen ein bißchen, fragen nach weiteren Verpflegungsmöglichkeiten, bekommen noch Limo und Cola aufgeholfen, es werden noch alle leeren Wasserflaschen ungefragt aufgefüllt, dann geht die Fahrt weiter. Da wir den höchsten Punkt ja schon hatten, geht es jetzt beständig bergab, trotz leichtem Gegenwind fliegen die Kilometer dahin, bis mich ein unschönes „Ploing“ über das Ableben von Speiche Nummer 4 informiert. Bis zum Mittagsstop in Rosario, wo man selbst für 1,5l Leitungswasser noch 1000 Pesos (ca. 1,40€) zahlt (muss ja auch mit dem Laster da hochgekarrt werden), rollt es flüssig weiter, danach wird Wind von vorn wieder Mal zum Gegner. Bei 2% Gefälle sollte der Panzer eigentlich von selbst fahren, so aber ist harte Arbeit von Nöten, um auch nur 20km/h zu halten. Kein echter Spaß nach gut 90km...
Irgendwo auf diesem Stück ist ein LKW verunglückt, das Wrack liegt frisch verbeult im Sand neben der Strecke, etliche andere Trucker leisten, soweit möglich, erste Hilfe. Sowieso Scheiße, ruft das natürlich schlimme Erinnerungen wach. :-(
Bei Kilometer 128 haben wir genug vom Wind und suchen vergeblich nach einer weiteren Mulde. Unser heutiger Schlafplatz ist genau so schön wie der gestern, nur der Dreck hat eine andere Farbe...;-)

5.5.2012
Noch woanders im Dreck-Antofagasta

Heute steht nur noch ein Hüpfer auf dem Programm: Müde 47km bis Antofagasta zeigt das große, grüne Schild an. Der beim Frühstück noch eindeutig aus der richtigen Richtung kommende Wind wechselt just in dem Augenblick, in dem wir zurück auf der Straße sind, die Richtung, und macht da weiter, wo er gestern aufgehört hat. Zusätzlich ist es bitter kalt und nebelig, Armlinge, Knielinge und Windweste sorgen für ein erträgliches Klima. Nach ca. 30km kommen wir an eine extrem üble Industrieansiedlung namens La Negra (Die Schwarze), schnell ein Kaffee an der ersten Tanke seit vielen Kilometern, dann aber flott zu Tal, Ruhetage stehen bevor! Der Weg ist praktisch verkehrsfrei, die Straße ist wegen Bauarbeiten für den Normalverkehr zu, uns hat die Absperrung nicht aufhalten können.
Antofagasta ist die zweitgrößte Stadt Chiles, nicht die schönste, aber durchaus lebendig und quirlig. Die Suche nach Unterkunft gestaltet sich nicht einfach, aber zu guter Letzt finden wir in der Casa Velasquez ein Zimmer...Warme Dusche, Internet, richtige Betten...nach drei tollen Campingnächten in staubiger Umgebung und 6 Tagen in Folge auf dem Rad, ist der Zivilisationsbürger in mir doch gierig nach solchen Sachen.

Pics:

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