Samstag, 25. Juni 2016

Garmisch-Florenz, Tag 1: Wir ziehen gen Italien...

...aber nicht, ohne in Österreich einen Zwischenstop einzulegen. 

Von Anfang: Die Anreise nach Grainau, ins Hotel am Badersee, war für Freitag tagsüber vergleichsweise entspannt, dank einiger Stauumfahrungsempfehlungen haben wir sogar noch ein paar hübsche Flecken gesehen, die uns ansonsten wohl entgangen wären.

Vor Ort holen eine schnell die Routinen ein, tausend Leute begrüßen, ins Hotel einchecken, Fahrräder verstauen, Kurzbesprechung mit dem Team, auch bei dieser Veranstaltung bin ich wieder Guide. Nina parkt das Auto auf dem Gemeindeparkplatz, und schon ist es 20:00Uhr, Abendessen, Teamvorstellung, Bett. Puh. Das Ganze garniert mit brüllender Hitze, da werden Erinnerung an die Vorläuferveranstaltung letztes Jahr, die legendenbehaftete Quäldich.de-Deutschlandrundfahrt 2015 von Flensburg nach Garmisch wach. Konsequenterweise geht es 2016 weiter nach Süden, Florenz ist das Ziel unserer Mühen.

Heute morgen ist es aber nicht ganz so warm, und so macht sich der Tross von gut 100 Leuten in kurzes Lycra gewandet auf den Weg aus Bayern. Verkehrsreiche Bundesstraßen mit ausreichend bescheuerten Autofahrern gestalten die ersten Kilometer bis nach Österreich hinein etwas nervig, die Gruppe nimmt es gelassen, so erreichen wir bald den Abzweig zum Namlossattel, der die erste Hürde des Tages darstellt, 1358m hoch, mit ein paar harmlosen Stichen versehen, erwärmt dieser Pass den Leib des Radsportlers für das Highlight der Etappen, das weithin als unrythmisch und recht hart verrufene Hahntennjoch. Zuvor gibt es allerdings eine nette, durch die Mittagsverpflegung unterbrochene Abfahrt. Auf den von vielen favorisierten Kaiserschmarrn muss man allerdings ganz schön lange warten, was nicht bei Jedem für gute Laune sorgt, als wir ca. 1,5h nach Ankunft wieder die Räder steigen, sind zwar alle satt, aber der Zeitplan ist dahin.

Egal, dieses Hahntennjoch sieht schon in der Grafik fies aus, und das es das ist, bestätigt es freimütig ab den ersten Metern. Sofort stehen 10, 11, 12 % im Display, die Wattanzeige stützt diese These. Als Guide darf man gottseidank den letzten der Gruppe nicht alleine lassen, so gestaltet sich der Anfang noch recht harmlos. Klaus, mein Guidekumpan, und ich geben den Anstieg frei, so kann jeder nach Lust und Laune fahren, was die Knochen hergeben. Schnell zerfleddert das Feld wie eine alte Pferdedecke, im Flachstück bei Bschlabs (was für ein Name!) ist sammeln angesagt, dann geht es in gehabter Manier in die zweite, härtere Hälfte des Bergs. Die Wetterprognosen waren eh nicht so toll, aber was uns gut 4km unterhalb der Passhöhe dann auf den Kopf fällt, ist echt heftig. In Sekunden zieht das Gewitter heran, jede Hoffnung, den Pass vor dem Regen zu erreichen, schwindet dahin. Aber um den geschundenen Radsportler besonders gründlich und effektiv zu waschen und zu kühlen, hat Petrus noch ein paar Hagelkörner von stattlicher Größe dazugepackt. Darfs ein bißchen mehr sein, der Herr? Aber gerne doch! Beinahe panisch parken wir die Räder an der Leitplanke und fliehen in einen flachen Baumbestand, um uns dem Naturschauspiel wenigstens so weit zu entziehen, dass das Geballer des Hagels auf den Helm und den Körper etwas gemildert wird. So Eisklumpen können echt zecken! Autsch. Klatschnass sind wir so oder so, aber um nicht auszukühlen werfen sich alle in die Regenkluft, während weiter unten im Tal Erdrutsche, im lokalen Duktus "Muren", niedergehen, so das der Pass gesperrt wird. Von beiden Seiten. Und wir mitten drin. Wenigstens ist unsere Abfahrt frei, trotzdem macht es keinen echten Spaß, den 1903m hohen Fiesling zu verlassen. Genau so steil wie die Nordseite, dafür durchgehend nass und mit einigen kiesigen Abschnitten versehen, kommt kein Flow auf. Als Beigabe dann noch ein Plattfuß bei mir... na prima, aber dank Kartuschenpumpe ist das Malheur schnell behoben, die Truppe wartet, trotz Freigabe bis zum Hotel, am Ortseingang von Imst, wo nur noch eine kleine, aber gemeine Welle zwischen uns und der heiß ersehnten Dusche im Wege steht. Pünktlich, als wir auf den Hof reiten, kommt die Sonne wieder raus. 

Dann stehen wieder die oben schon erwähnten Routinen auf dem Programm, nur das jetzt auch noch jede Menge Klamotten auf die Leine müssen.

Trotz aller Widrigkeiten: Ein schöner Start in dieses Abenteuer, das Unwetter hat schließlich Heldensagenpotential, und die Hagelkörner sind beim überaus leckeren Abendessen schon so groß wie Tennisbälle.

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