Donnerstag, 30. Juni 2016

Garmisch - Florenz, Tag 6: Zum Meer!

Heute steht wieder ein echtes Brett auf dem Programm, nach dem rumgeeier gestern kann man das ja mal machen😉. Eigentlich geht es sofort vom Hotel in den Berg, wenn auch nur, um die Mannschaften am anderen Hotel zu versammeln. Die 32hm sind gratis und daher gern genommen. Die Etappe selbst ist aber auch nicht viel besser, in Kurzform: Kackwelle, gemein. Kackwelle, gemäßigt, in angenehmer Gesellschaft drüber gelabert. Flachstück, es wird langsam warm. Hauptanstieg, gute 800hm, schon nicht völlig unanstrengend. Abfahrt zur Mittagspause, geil! Danach mehr Abfahrt, immer noch geil. Kleine Kackwellen, harmlos. Große Kackwelle, respektive noch ein Anstieg, ca. 350hm, der Tag war schon lang, aber es läuft noch gut. Eine letzte Kackwelle, schon fast egal. Hotel erreicht, Bier 🍻!
160km, 2877hm, man merkt der Truppe an, und ich mir selbst auch, dass sich die Tour dem Ende zuneigt, erste Verschleißerscheinungen werden sichtbar. Gut die Hälfte ist heute morgen freiwillig mit der nächst langsameren Gruppe gestartet, von der verbliebenen Mannschaft steigen etliche unterwegs in den Besenwagen. Trotzdem ist die Stimmung gut, die Etappe bietet einiges für das Auge, beim Ausblick vom letzten Anstieg auf das Mittelmeer hört man glückliches Jauchzen. Leider verlassen wir morgen die Küste schon wieder, Florenz liegt schließlich im Landesinneren. Allerdings sind es bis dahin noch zwei Tage, und morgen wird es noch einmal richtig dolle...
Jetzt bin ich müde, gute Nacht!

Mittwoch, 29. Juni 2016

Garmisch - Florenz, Tag 5: Grillen auf der Rüttelplatte

Bergfest! Im wahrsten Sinne des Wortes... Die Hälfte der Tour ist um! Und daher war heute mal was Flaches angesagt. Damit das nicht so langweilig wird, fängt der Spaß mit der Vernichtung von Höhenmetern an,  rasant verlieren wir vom Hotel in San Zeno zum Gardasee über 500 davon. Ein bisschen um den See, dann rollt es wellig weiter südwärts, ab Kilometer 60 sind wir in der Poebene angekommen, da ist es wie Brandenburg, nur wärmer und mit ganz schön schlechten Straßen, so rumpeln wir dahin, wann immer es aussieht, als hätte der Asphaltgott Gnade mit den mittlerweile schon gut malträtierten Popos des trotz allem gut gelaunten Trosses , biegen wir sofort wieder in die nächste Rüttelpiste ab. So ein bisschen Paris - Roubaix für Weicheier.
Wiedergutmachung wird bei der Mittagspause geleistet, auf der Isola Dovarese werden hausgemachte Nudeln und lecker Nachtisch und Espresso gereicht. Inzwischen ist das Thermometer über die 30°C - Schwelle gestolpert, in den Trinkflaschen schwappt nur noch Tee in Varianten, einige Teilnehmer, die letztes Jahr bei der Deutschlandrundfahrt dabei waren, quittieren das mit Gleichmut, da war es noch erheblich wärmer. 25km weiter ist schon die nächste Getränkeverpflegung, einigen ist warm genug, um in den Po zu springen - das hört sich jetzt irgendwie seltsam an... 😂 Jetzt fehlen nur noch 50km bis ins Ziel, die werden hinten raus noch mit zwei Kackwellen garniert.
172km mit müden 900hm enden in Salsomaggiore Terme, dessen glanzvollen Zeiten auch schon wieder ein paar Jahre her zu sein scheinen.
Morgen gibt es dann wieder Berge. Und Hitze. Und schlechte Straßen.
Ich freu mich drauf!

Dienstag, 28. Juni 2016

Garmisch - Florenz, Tag 4: Monte Baldo

Heute geht es nach einer unruhigen Nacht wegen Zimmer mit Straßenaussicht weiter Richtung Süden, heraus aus Trento, das Etschtal runter. Winkelige Radwege führen uns in langer Reihe durch Weinfelder, 50km ganz hinten an der heute noch größeren Gruppe sorgen für ein fettes Jojo, an der ersten Getränkestation bin ich eigentlich schon völlig im Eimer. Hilft aber nix, die eigentliche Aufgabe steht zu diesem Zeitpunkt direkt vor meiner Nase. Der Monte Baldo stellt gute 1500hm in den Weg, die ersten 800 davon sind ziemlich steil, danach wird es etwas flacher, plötzlich geht die Kurbel willig im Kreis. Die schöne Aussicht lenkt von auftretenden Steigungsspitzen ab, die tolle Straße macht wirklich Spaß, Kehrengruppen sind halt meins. Irgendwann bin ich oben, die Truppe gönnt mir nicht allzu viel Pause, dann folgt eine Miniabfahrt zu einem Aussichtspunkt von dem man einen tollen Blick auf das Nordende des Gardasees und Limone hat. Danach folgt ein welliges Stück mit einer Kackwelle, bevor die Abfahrt zur Mittagsschlemmerei beginnt. Die ist nicht lang, wird aber nach Lasagne, Lasagne und Espresso fortgesetzt. Sehr spaßig, schön schnell und befördert uns zum finalen Schweißausbruch mit 400hm bevor wir nach 119km und 2650hm das Hotel oberhalb des Gardasees erreichen. Hatte ich schon vom Kaiserwetter, dass uns auch die nächsten Tage erhalten bleiben soll, berichtet? Nicht? Ist aber so😊✌

Montag, 27. Juni 2016

Garmisch-Florenz, Tag 3: Zackig mal eben nach Trento

So könnte man die heutige Etappe nennen, wenn man denn den kurzen Weg zwischen der Hauptstadt Südtirols, und der Hauptstadt des Trentino, Trento, genommen hätte, 60km tendenziell bergab auf einer fetten Staatsstraße. Aber das wäre nicht die richtige Methode, an diesem total ungewohnt sonnigen Tag, diese schöne Gegend zu erradeln. Also lässt man das mit dem zackig, außer man meint damit die zwei Zacken, die die heutige Etappe zieren.

Los gehts durch Bozen auf winkeligen Straßen und Radwegen, wo uns eine lose Kurbel einige Minuten aufhält, bevor es nach nur 5km in den ersten Anstieg geht. Der hält freundliche 1000hm bereit, glänzt mit Maximalsteigungen von 12%, endet in einem Kaff namens Obergummer auf 1380m und tut erstmal schon schön weh im Bein. Dafür ist Verkehr auf dieser Straße echte Mangelware. Die folgende Abfahrt beschert mir den zweiten Plattfuß in 3 Tagen, hinter den langsamsten Teilnehmern bergab fahren erwärmt die Felge über Gebühr, dann ist halt auch mal die Luft raus. Flott geflickt, geht es runter zur ersten Getränkeverpflegung, dann steht der nächste 1000hm-Zacken vor der Nase, hinauf zum Passo de Lavaze´, nicht verwandt oder verschwägert mit einem ähnlich klingenden Kaffeeröster. Bei 1810m ist der Gipfel erreicht, das zwischengelagerte Steilstück mit abermals zweistelligen Steigungen kostet mich heute echte Mühe, aber die Belohnung lauert natürlich auf der Südseite mit taufrischem Asphalt und flowigen Kurven. Das verleitet zu unvernünftiger Raserei, fast 85km/h stehen als Maximum im Display. Kurze Zeit später ist schon Mittag, wieder flott, viel und lecker.


Der Rest der zum Schluß 114km langen Stecke mit gesamt 2600hm ist kackwellig mit Gegenwind, aber die Truppe läuft gut, einige wollen pünktlich zum Fussi im Quartier sein. So machen wir einen schönen Zug auf und schaffen das gesetzte Ziel, und erreichen Trento bei strahlendem Sonneschein kurz nach 17:00 Uhr.

Sonntag, 26. Juni 2016

Garmisch-Florenz, Tag 2: Jetzt aber wirklich...

...nach Italien. Das steht so auf dem Plan, dann machen wir das auch. Freilich nicht, ohne das einige wenige Höhenmeter im Weg sind.

Aus Arzl starten wir nicht über die verkehrsreiche Bundesstraße von Imst Richtung Ötztal, sondern wählen den Weg über die Sautenser Höhe, der dann irgendwo auch schon den maximalen Steigungswert für heute beinhaltet, schlappe 17%, da will das Frühstück gleich wieder in den Graben. Aber der Umweg ist auch ohne erwärmenden Anlauf zu schaffen, auch wenn das schon ein, zwei Körner kostet. Unten rum wäre auch daher schlecht, weil in Imst heute die Tour Transalp startet, was wir an etliche Kanonenschüssen, mit denen die Felder losgeschickt werden, gut hören können. Das hätte sicher für Verwirrung und/oder Missverständnisse gesorgt.

Nach der kleinen Anfangsquälerei rollen wir ins Ötztal, über Au und Sölden schrauben wir uns gemächlich der Cima Coppi dieser Reise entgegen, dem Timmelsjoch, bekannt als Pass Nr. 4 beim Ötztaler Radmarathon, auf italienisch Passo del Rombo, denn oben auf dem Grat verläuft die Grenze.
Hinter Sölden ist schnell Schluß mit dem gemächlichen Schrauben, dort beginnt der eigentliche Hauptanstieg, der durch einige Zwischenabfahrten zerrissen wird. Mit wachsender Höhe wird es immer kälter, auch wenn Petrus uns heute nur mit wolkenverhangenem Himmel beglückt. Bis jetzt. Rechts und links in den Seitentälern hängen dicke dräuende Wolken, hin und wieder donnert es, so hat das gestern auch angefangen. 4km vor dem Pass ist mir dann endlich so kalt (4°C), dass ich dann doch die Armlinge, Knieling und die als Windstopper dienende Regenjacke anziehe. Ab da ist es mollig, und weiter geht die mittlerweile schon recht mühsame Kurbelei, dieses letzte Ende hat durchgehend um die 10% und endet bei 2509 m. Also einer von den wirklich Großen, und mit Härte nicht sparsam.

Oben ziehe ich noch meine Regenhose über, auch als Windschutz, und stürze mich in die Abfahrt, die nach einem feuchten Gruß von Petrus' italienischem Kollegen grade erst wieder aufgetrocknet ist. 700m und 11km weiter unten ist die heutige Mittagshütte in Schönau, wo es in rasantem Tempo einen gewaltigen Teller Spaghetti Bolognese gibt, vorher Salat, danach Dessert und Espresso. Man ist in Italien!

Während wir da so sitzen macht Italo-Petrus dann doch noch ernst, und kippt einen ordentlichen Eimer aus. Wenigstens ohne Eisklumpen. Die Fortsetzung der Abfahrt ist dann halt klatschnass, was zwar die Felge kühlt, aber dafür Bremsbeläge frisst. Nach etlichen Tunneln und Nebelbänken erreichen wir zügig die zweite Getränkeverpflegung, genau pünktlich rollen wir unter das Vordach eines Supermarktes, als ein weiteres fettes Gewitter niedergeht. Nach Banane, neuem Wasser und kurzem Service an meiner hinteren Bremse ist der Guss vorbei und es geht wieder auf die Strasse. Mittlerweile ist es so warm, wie man es von Italien im Sommer erwartet, langsam fangen wir an zu dampfen in unseren Regenplünnen, aber ausziehen will das jetzt niemand mehr, darunter ist Feuchtbiotop, das, an die Luft gelassen, im besten Fall für Erkältung sorgen würde und sicherlich auch nicht gut riecht. Zwischendurch prasselt es auch noch ein, zwei mal, z.B. am Ortseingang von Meran. Danach rollen wir auf einem schmalen Strässchen durch gewaltige Apfelplantagen nach Bozen, wo wir nach 156km und 2600hm hungrig, durstig, feucht aber glücklich am Zielhotel anschlagen.

Toller Tag, sehr anstrengend, aber schön...

Samstag, 25. Juni 2016

Garmisch-Florenz, Tag 1: Wir ziehen gen Italien...

...aber nicht, ohne in Österreich einen Zwischenstop einzulegen. 

Von Anfang: Die Anreise nach Grainau, ins Hotel am Badersee, war für Freitag tagsüber vergleichsweise entspannt, dank einiger Stauumfahrungsempfehlungen haben wir sogar noch ein paar hübsche Flecken gesehen, die uns ansonsten wohl entgangen wären.

Vor Ort holen eine schnell die Routinen ein, tausend Leute begrüßen, ins Hotel einchecken, Fahrräder verstauen, Kurzbesprechung mit dem Team, auch bei dieser Veranstaltung bin ich wieder Guide. Nina parkt das Auto auf dem Gemeindeparkplatz, und schon ist es 20:00Uhr, Abendessen, Teamvorstellung, Bett. Puh. Das Ganze garniert mit brüllender Hitze, da werden Erinnerung an die Vorläuferveranstaltung letztes Jahr, die legendenbehaftete Quäldich.de-Deutschlandrundfahrt 2015 von Flensburg nach Garmisch wach. Konsequenterweise geht es 2016 weiter nach Süden, Florenz ist das Ziel unserer Mühen.

Heute morgen ist es aber nicht ganz so warm, und so macht sich der Tross von gut 100 Leuten in kurzes Lycra gewandet auf den Weg aus Bayern. Verkehrsreiche Bundesstraßen mit ausreichend bescheuerten Autofahrern gestalten die ersten Kilometer bis nach Österreich hinein etwas nervig, die Gruppe nimmt es gelassen, so erreichen wir bald den Abzweig zum Namlossattel, der die erste Hürde des Tages darstellt, 1358m hoch, mit ein paar harmlosen Stichen versehen, erwärmt dieser Pass den Leib des Radsportlers für das Highlight der Etappen, das weithin als unrythmisch und recht hart verrufene Hahntennjoch. Zuvor gibt es allerdings eine nette, durch die Mittagsverpflegung unterbrochene Abfahrt. Auf den von vielen favorisierten Kaiserschmarrn muss man allerdings ganz schön lange warten, was nicht bei Jedem für gute Laune sorgt, als wir ca. 1,5h nach Ankunft wieder die Räder steigen, sind zwar alle satt, aber der Zeitplan ist dahin.

Egal, dieses Hahntennjoch sieht schon in der Grafik fies aus, und das es das ist, bestätigt es freimütig ab den ersten Metern. Sofort stehen 10, 11, 12 % im Display, die Wattanzeige stützt diese These. Als Guide darf man gottseidank den letzten der Gruppe nicht alleine lassen, so gestaltet sich der Anfang noch recht harmlos. Klaus, mein Guidekumpan, und ich geben den Anstieg frei, so kann jeder nach Lust und Laune fahren, was die Knochen hergeben. Schnell zerfleddert das Feld wie eine alte Pferdedecke, im Flachstück bei Bschlabs (was für ein Name!) ist sammeln angesagt, dann geht es in gehabter Manier in die zweite, härtere Hälfte des Bergs. Die Wetterprognosen waren eh nicht so toll, aber was uns gut 4km unterhalb der Passhöhe dann auf den Kopf fällt, ist echt heftig. In Sekunden zieht das Gewitter heran, jede Hoffnung, den Pass vor dem Regen zu erreichen, schwindet dahin. Aber um den geschundenen Radsportler besonders gründlich und effektiv zu waschen und zu kühlen, hat Petrus noch ein paar Hagelkörner von stattlicher Größe dazugepackt. Darfs ein bißchen mehr sein, der Herr? Aber gerne doch! Beinahe panisch parken wir die Räder an der Leitplanke und fliehen in einen flachen Baumbestand, um uns dem Naturschauspiel wenigstens so weit zu entziehen, dass das Geballer des Hagels auf den Helm und den Körper etwas gemildert wird. So Eisklumpen können echt zecken! Autsch. Klatschnass sind wir so oder so, aber um nicht auszukühlen werfen sich alle in die Regenkluft, während weiter unten im Tal Erdrutsche, im lokalen Duktus "Muren", niedergehen, so das der Pass gesperrt wird. Von beiden Seiten. Und wir mitten drin. Wenigstens ist unsere Abfahrt frei, trotzdem macht es keinen echten Spaß, den 1903m hohen Fiesling zu verlassen. Genau so steil wie die Nordseite, dafür durchgehend nass und mit einigen kiesigen Abschnitten versehen, kommt kein Flow auf. Als Beigabe dann noch ein Plattfuß bei mir... na prima, aber dank Kartuschenpumpe ist das Malheur schnell behoben, die Truppe wartet, trotz Freigabe bis zum Hotel, am Ortseingang von Imst, wo nur noch eine kleine, aber gemeine Welle zwischen uns und der heiß ersehnten Dusche im Wege steht. Pünktlich, als wir auf den Hof reiten, kommt die Sonne wieder raus. 

Dann stehen wieder die oben schon erwähnten Routinen auf dem Programm, nur das jetzt auch noch jede Menge Klamotten auf die Leine müssen.

Trotz aller Widrigkeiten: Ein schöner Start in dieses Abenteuer, das Unwetter hat schließlich Heldensagenpotential, und die Hagelkörner sind beim überaus leckeren Abendessen schon so groß wie Tennisbälle.