Dienstag, 19. April 2016

Sizilien, Tag 4: Einmal rum um den alten Qualmberg

Heute geht der Wecker etwas früher, eine längere Tour steht auf dem Programm. Nachdem wir uns gestern ja in keinster Weise verausgabt haben, sollten heute die Beine zu Höherem in der Lage sein. Der Plan ist eben so einfach wie überzeugend: Einmal um den Ätna, und zwar gegen den Uhrzeigersinn. Vorabendliche Beratschlagung findet Zustimmung im Plenum, so steht dem nichts im Wege.

Also, 8:00, es weckert, schnell eine Hand Wasser ins Gesicht und ab zum Frühstück. Nach dem üblichen Ritual mit Luft pumpen, Brillen putzen, Flaschen füllen etc. sitzen wir tatsächlich eine Stunde früher als sonst auf den Rädern.

Anders als an den vorangegangenen Tagen starten wir heute fast sofort in den Berg. Von Fiumefreddo wenden wir uns westwärts Richtung Linguaglossa, dann weiter bergauf. Bis zum Abzweig nach Randazzo kennen wir das vom ersten Tag schon als Abfahrt, da ging das irgendwie leichter. Aber es gibt keinen Grund zu klagen, die Beine sind ganz gut und so kommen wir immer weiter auf die Nordseite des Ätna, wo sich die Landschaft zusehends verändert. Die Hügel werden weicher, die Vegetation ist anders, aber Ortschaften für ein Päuschen sind trotzdem noch Mangelware.
Nach gut 50km erreichen wir mit fast staubtrockenen Trinkflaschen Maletto, ein wahres Prachtstück von typisch italienischem Dorf, mit handtuchschmalen Gässchen, mit dem schon bekannten Pflaster aus großen Vulkansteinen, schön steil. Und auf den ersten Blick ist der Ort noch tief in der Siesta.
Aber Nina braucht eine Briefmarke. Im Postamt, das verblüffenderweise auf hat, hilft ihr eine nette Dame mit dem widerspenstigen Schalterbeamten. Trotz 35 Jahren in Stuttgart spricht sie perfektes Hochdeutsch und leitet uns nach geglücktem Briefmarkenerwerb mit ihrem Auto zu einer Bar. Dort serviert man uns leckerste Spaghetti, Cappuccino, Erdbeerküchlein, Cola und Wasser zu sehr zivilisierten Preisen. Zu allem Überfluß gibt es in Maletto eine fette Free-WiFi-Zone. Damit hatte nun niemand gerechnet.

Zurück auf Kurs bedeutet erstmal ein paar Zusatzhöhenmeter aus Maletto heraus ergattern, dann geht es tendenziell bergab. Anfangs ist das noch sehr spaßig, aber wir näher uns recht flott der unüberschaubaren Urbanisation im Südosten des Vulkans, so wird der Verkehr immer dichter und auch nerviger. Seltsame Dinge kann man da beobachten: Zum Beispiel Audi-Fahrer, in Berlin und Umland die wahrscheinlich übelsten Rüpel gegenüber Rennradlern, sind hier lammfromm und fahren beim Überholen fast in den Graben auf der anderen Straßenseite. Im Gegensatz dazu ist der sizilianische Volvopilot, klar abweichend von den Verhaltensmustern seines deutschen Pendants, der klare Anführer in der Ich-kann-den-Radfahrer-am-knappsten-überholen-Liga. Komisch, ist aber so...

Erst als wir kurz vor Paterno in Richtung Ragalna abbiegen, wird es wieder etwas ruhiger, dafür kommt jetzt wieder ein wenig Gekletter dazu. Über Nicolosi, wo noch ein Kaffeestop ansteht, Pedara, Monte Rosse und Santa Veneria hangeln wir uns am Hang entlang Richtung Heimat. Die letzten Kilometer von Giarre an bescheren uns landesübliches Verkehrschaos, was ein paar Nerven kostet, aber zu guter Letzt sind wir wieder glücklich und zufrieden auf den Hof gerollt.

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