Donnerstag, 31. Mai 2012

Abwärts ins Warme

27.5.2012
Potosi

Aaaah – Ausschlafen! Danach das zugegebener Maßen etwas schmale Hotelfrühstück, dann Mailcheck, gibt’s schon Reaktionen auf das letzte Blogpost? Nachdem der Akku des Netbooks in die Knie geht, treibt es mich auch auf die Straße. Zum einen muß ich noch die Ingredienzien für unser Frühstück unterwegs, Haferflocken und Milchpulver, auffüllen, zum anderen will ich natürlich auch was von der Stadt sehen. Potosi hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich, in der sich fast alles um die Schätze des „Hausberges“, des Cerro Rico dreht. Schon früh wurde Silber gefunden, und die Spanier beuteten die Vorkommen sogar unter Zuhilfenahme von afrikanischen Sklaven aus. Als Resultat dieser Zeit hat die Stadt eine wunderschöne Altstadt mit vielen kolonialen Bauten. Auch unser Hotel gehört dazu.
Wie anscheinend überall in Südamerika ist sowas wie ein Ladenschlussgesetz fremd, auch am Sonntag hat fast alles offen, nur während der Siesta bleiben nur die zahlreichen Handyshops offen.
Nach einigem Rumgelatsche finde ich einen der typischen Märkte in mehreren großen Hallen. Auch hier herrscht am Vormittag noch gemäßigte Betriebsamkeit, aber ich kriege was ich will und kann mich dann wieder dem Müßiggang widmen:-) Nachdem ich auf dem Weg vom Markt mehrfach von einer kirchlichen Prozession aufgehalten werde, sitze ich jetzt wieder im Cafe und freue mich auf ein schönes Stück Kuchen und einen leckeren Cafe con Leche...
Da es die indigene Bevölkerung, die hier den Hauptanteil stellt, nicht leiden kann, photographiert zu werden, und ich auch nicht wie der letzte Tropf hier rumknipsen mag, gibts davon leider keine Bilder.

28.5.2012
Potosi-Millares

Während sich zu unchristlichen Zeiten die ersten Rucksackträger zum Frühstück drängeln, packen wir erstmal die Räder. Als wir mit unserem Morgenmahl fertig sind, stehen Menschen in Verkleidung im Patio des Hotels rum: Originale Minenarbeiterbekleidung ist Pflicht für den Besuch der Stollen.
Wir verlassen das Gehöft in Richtung Sucre, dem Regierungssitz Boliviens. Das sind ca. 160km, also 2 Etappen, von denen die erste in fast schon schmerzhafter Weise Höhenmeter verbrennt. Von fast 4000m plumpsen wir mit einigen unbedeutenden Gegenwellen auf 2300m, zum morgigen Tagesziel Sucre müssen wir dann nochmal auf 2800m klettern.
Hier „unten“ im Tal ist es sommerlich warm, eine echte Wohltat nach den eisigen Tagen. Auch verschwinden mittlerweile normale Dinge aus dem Bild: Lamas, Vicunas und sonstige Hochlandbewohner werden durch Kühe, Schafe, Ziegen, Hühner und Schweine ersetzt, alle laufen irgendwie frei umher. Auch das aus Chile bekannte Hundethema kommt wieder auf.
Die Strasse ist immer noch vom allerfeinsten, die heutigen Abfahrten machen den Wunsch nach meinem Rennrad größer. Wer zu viel Geld hat, und nicht weiß, wo er sein nächstes Höhentrainingslager machen soll: Zwischen Uyuni und Sucre geht was...
Der heutige Abschnitt endet in Millares, einem winzigen Ort, der nicht mal auf der Karte zu sehen war. Etwas über 100km sind um, wieder einmal gab es krasse Wechsel in Landschaft und Vegetation, fast zu viel für einen Tag, obwohl die Fotoausbeute eher schmal ausfällt. Wir finden eine Pension, wo lustig gefeiert wird: Der Dia de la Madre scheint etwa so zu funktionieren: Erst werden 2 Tage lang Torten gefressen, und am dritten Tag saufen sich die Mütter richtig einen an. Ich werde zum tanzen genötigt, Bier fließt in Strömen, kurze Zeit später weinen die Madres aus mir unbekanntem Grund, dann wird zum Trost weiter geschluckt. Um 19:30(!) treten wir den strategischen Rückzug an, die Muddis sind sternhagelvoll, es wird wieder geweint...Der Wunsch nach einem echten Kontakt zu den Leuten kann kaum besser erfüllt werden...

29.5.2012
Millares-Sucre

Die Nacht war die wärmste seit langem, nur mit dem Seideninlet für den Schlafsack penne ich bis zum Morgengrauen auf der etwas seltsamen Matratze, deren Qualitäten mir den ganzen Tag zu schaffen machen werden. Die Dame des Hauses ist offensichtlich leicht angeschlagen von den Exzessen des vergangenen Abends, kurz angebunden und mürrisch gibt sie uns heißes Wasser für das Frühstück und nimmt ebenso die lächerlich erscheinende Bezahlung für Abendessen, Bier und Unterkunft entgegen. Erst beim Abschied lächelt sie wieder...
Der weitere Weg nach Sucre schraubt sich gemächlich mit kleinen Zwischenabfahrten in die Höhe, Millares liegt auf 2300m, unser Ziel auf 2800m. Dank der Matratze gestalten sich die Anstiege für mich schwierig, da die Rückenschmerzen kraftvolles Treten nur bedingt zulassen. Sehr ärgerlich, wenn man das erste Mal seit langem wieder genug Luft zur Verfügung hat um genau das zu tun...
Die Landschaft ist schön, Erinnerungen an Südfrankreich werden wach. Nur 2000m zu hoch:-) Kurz nach dem Start kommt uns ein Rennradler entgegen, offensichtlich auf Trainingsrunde, später kommt er noch mal von hinten vorbeigezischt – Neid!!! Aber wie schon erwähnt: Gutes Revier...
Kurz vor Sucre liegt rechts der Straße ein Schloss, anscheinend hatte irgendwer zuviel Geld. Bei genauerer Betrachtung gehört das Bauwerk zu einer militärischen Anlage, auf einem Platz trabt eine Kompanie Uniformierter dahin, während sich an anderer Stelle einer am Barren befleißigt und prompt auf den Arsch fällt. Schadenfreude hat immer noch was, erst recht wenn einem selber der Buckel zwackt...
Die erste Begehung in Hostelnähe zeigt uns eine bunte, quirlige Stadt mit allem drum und dran, wie es aussieht, werden wir 3 Tage hier bleiben um das zu erkunden.

30.5.2012
Sucre

Der erste Eindruck hat nicht getäuscht! Hier ist wirklich was los. Ähnlich wie auch schon Potosi glänzt die Stadt mit vielen Kolonialbauten. Sucre ist mit gut 200000 Einwohnern für bolivianische Verhältnisse schon eine echte Metropole und außerdem Boliviens Regierungssitz. Das macht sich auch in starker Polizei- und Militärpräsenz bemerkbar, allerdings ohne bedrohlich zu wirken. Unerwartet viele Frauen stecken in den Uniformen. Der Mercado Central ist eine weitere typisch südamerikanische Markthalle, hier gibts alles, wenn man weiß, wo man suchen muss. Neben frischen Lebensmitteln aller Art und allen möglichen Haushaltsartikeln gibt es hier auch jede Menge Fressbuden, wo Frauen verschiedenste Leckereien und auch sauleckere Milchshakes frisch zubereiten.
Im Augenblick sitze ich in einem Restaurant am Plaza 25 de Mayo, und draussen zieht, obwohl es mitten in der Woche ist, die dritte Marschkapelle vorbei, die mehr laut als schön kann, aber das macht nichts, jede Menge Leute laufen mit. An den Ampeln, die tagsüber eher Empfehlungscharakter haben, regeln Polizistinnen(?) in Zebrakostümen den Verkehr – verrückt, aber schön...

Pics:

https://plus.google.com/photos/104500526512582281551/albums/5748730629881641025?authkey=CPq-172qhKq6AQ

Tracks:

http://connect.garmin.com/activity/183582146
http://connect.garmin.com/activity/183582126

2 Kommentare:

  1. *lol* was habe ich mal wieder gelacht *lol*
    super geschrieben - sehr lebendig! lass dich nur weiter von den muddis nötigen... gute besserung für deinen rücken und lasst euch nicht zu sehr von den hunden ärgern!

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  2. warum haben wir nicht so einen Muddertach ? Hab laut gelacht, MOM

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