Samstag, 12. Mai 2012

Go East!

8.5.2012
Antofagasta-Carmen Alto

Nach zwei herrlich faulen, aber eindeutig verdienten Tagen mit gutem Essen, Wein, Bier und ausschlafen, hat uns die Ruta 5 wieder. Nach ca. 5km Gewusel durch die Stadt klappt die Straße nach oben und ein Anstieg mit 6-10% Steigung bringt uns im Schneckentempo von 0 auf 450m. Schon ist das Trikot wieder schweissnass, die erholsamen Effekte der Ruhetage scheinen verpufft. Oben erwarten uns einige angenehme Überraschungen: 1. Rückenwind!!!, 2. An der Straße wird fleißig gebaut, so haben wir mehrmals etliche Kilometer frisch asphaltierte Panamericana für uns alleine. 3. Da, wo ein Ort auf der Karte ist, gibt es tatsächlich einen, inklusive Posadas. 4. Kleine Änderungen der Packordnung verbessern das Handling der Packesel deutlich. 5. RÜCKENWIND!
So klettern wir zwar ein wenig über 100km ohne Unterlass, aber die Bedingungen gewähren uns leichtes Spiel, um nach knapp 6 Stunden Fahrt durch, wie sollte es anders sein, Dreck, auf 1345m in Carmen Alto unsere Zelte unter der Pergola einer Posada aufzuschlagen. Hier verlassen wir auch nach gut 1000km (endlich) die Panamericana, ein Wiedersehen mit der vermeintlichen Traumstraße gibt es erst wieder im Norden Perus.

9.5.2012
Carmen Alto-Calama

7:00 Uhr, mal wieder, der Wecker hätte getrost aus bleiben können, der Verkehr am frühen Morgen ist sowohl auf der Panamericana, als auch auf der Ruta 25, die uns Calama bringen wird, beträchtlich. Auch die Posada und die benachbarte Tankstelle sind bestens besucht. Hier treffen wir auch den netten Trucker, der uns einige Tage zuvor mit Saft und Wasser geholfen hat, wieder. Zu unserem Bedauern hat der Wind über Nacht gedreht, und wird demzufolge erstmal gegen uns arbeiten. Die „neue“ Straße unterscheidet sich äußerlich natürlich kaum von der Ruta 5, aber die Landschaft schon. War in den letzten Tagen noch vieles naturbelassen, bis auf die Spuren des Straßenbaus, ist heute schnell klar, worum es in dieser Ecke geht: Ausbeutung von Bodenschätzen. Der Dreck rechts und links ist fast überall wenigsten einmal von einer Baggerschaufel bewegt worden, an manchen Stellen sieht man schon aus der Ferne Staubfahnen aufsteigen, ein klarer Hinweis auf intensive Erdbewegungsarbeiten. Da die Straße weiterhin eher verhalten ansteigt, und das zerfurchte Angesicht der Atacama eher abschreckt, ist das Motivationsniveau überschaubar. Bis wir bei ca. Kilometer 90 über einen Buckel mit Kurve kommen und sich ein majestätischer Anblick bietet: immerhin noch 25km vor uns liegt Calama auf der Hochebene, dahinter ist eine ganze Kette schneebedeckter Berge zu sehen. Da wir schon auf über 2000m sind, wir schnell klar, das das richtige Dinger sein müssen. Die Karte attestiert jedem einzelnen eine Höhe von teils deutlich über 5000m. Da stinken die Alpen mal schlicht ab. Ein Anblick, zum heulen schön, der Soundtrack zum Bild war Juli mit „Ich liebe dieses Leben“ - irgend wie passend. Da weiß ich plötzlich wieder GANZ genau, warum ich hierher wollte.
Die Unterkunftsfindung in Calama war zäh, irgendwie ist fast alles ausgebucht, zu guter Letzt haben wir aber mal wieder ein schnuffeliges Hostal gefunden. Jetzt liegen wir völlig platt und gut gefüttert auf den Betten, trinken Bier, essen Mäusespeck und werden wohl in Kürze zusammenbrechen.

10.5.2012
Calama

Der Hauptgrund, hier einen Tag Pause zu machen, war, das wir, dank Marco, die Chance hatten, die größte Mine der Welt zu besichtigen. Die Chuquicamata-Mine ist das größte Loch, was von Menschenhand gegraben wurde: 5km lang, 3,5km breit, 1km tief. Selbst, wenn man persönlich am Rand dieser Grube steht, sind das unvorstellbare Dimensionen. Riesige Trucks, Eigengewicht 450 Tonnen, mit 300Tonnen Gestein in der Kiepe, 4m hohe Räder, kriechen scheinbar im Schneckentempo in ameisengleichen Konvois die Rampen auf und ab. Rund um die Hauptmine gibt es noch diverse kleinere Abbaustellen, aber schon von der Stadt aus sieht man die Abraumhalden: Künstliche Berge, hunderte Meter hoch, und die wachsen noch, das seit 2008 leerstehende Minenarbeitercamp – in Wirklichkeit ein vollständiges Dorf mit Kino, Theater, Banken, Fußballplatz, etc... - wird irgendwann verschüttet sein. Da hat jemand gut zugehört, als es einmal hieß: „Macht euch die Erde untertan“.

11.5.2012
Calama-San Pedro de Atacama

Heute steht ein dicker Buckel im Weg: 3415m ist er hoch (Cime de la Bonnette? Ein Hügel...;-)), sagt mein Garmin. Wenn man von 2265m startet, ist das gar nicht mehr sooo viel - dachte ich...Echt böser Gegenwind lässt den Anfang der 60km bis zum Paso Barras Arana nicht eben flüssig angehen. Aber irgendwer hat Gnade, und schaltet den Ventilator aus. Da diese ganzen Vorberge in Chile zwar hoch, aber wenig zerfurcht sind, geht auch diese Straße den geraden, asphaltsparenden Weg, ohne echte Höchstschwierigkeiten in den Weg zu legen. Maximal 8%, und das nur für wenige Meter, killen einen nicht. Das macht dann die schiere Dauer des Aufstiegs, weil Senken mit Gefälle, wo man mal die Beine ruhen lassen kann, gibt es nicht. Nach dem wir schon den Weg von Antofagasta bis Calama auf diese Weise erleben durften, schockt uns das nicht, tut aber trotzdem weh im Bein...
AAABER!!! Kaum über den Pass, leistet die Atacama, nach so vielen Tagen verwüsteten Drecks, Entschädigung. (Die Staubfahnen und die Abraumhalden der Chuquicamata-Mine kann man übrigens noch aus 50km Entfernung erkennen) Aufregende Gesteinsformationen, in völlig neuen Farben, im Hintergrund vom Andenhauptkamm mit schneebedeckten Gipfeln verziert, lösen ein wahres Motivklingelmassaker aus! Selbst ich, der in Abfahrten ja sonst nichts anbrennen lässt, halte mehrmals an, um zu versuchen, diese schlicht unglaublichen Aussichten mit der Knipse einzufangen, wahrscheinlich mit minderem Erfolg – wer das in Echt will: Flüge nach Chile sind gar nicht so teuer ;-)
Jetzt lümmeln wir in unserem ausnahmsweise vorgebuchten Hostal in San Pedro de Atacama rum und freuen uns auf einen weiteren Ruhetag, der seltsamerweise auf Bettinas Geburtstag fällt...
San Pedro selbst ist ein in vielen Reiseführern als Touri-Abzocke verpönt, aber mal ehrlich: Ein 3000-Seelen-Kaff im Nichts, zufällig mit Wasser gesegnet, umgeben von irrsinniger Landschaft mit vielen wirklichen Highlights, wovon sollen die Leute hier leben? Da kann man sich auch darüber beklagen, das Ischgl so gar nicht authentisch ist...
Die nächste Meldung wird ein wenig auf sich warten lassen, da wir beschlossen haben, die Lagunenroute mit Schlenker über den Salar de Uyuni zu fahren, was wohl knapp zwei Wochen dauern wird. Internetzugang ist in diesem Teil Südboliviens eher unwahrscheinlich...

Pics:

https://plus.google.com/photos/104500526512582281551/albums/5741450850103074561?authkey=CN7JrtWp4ZWqvAE

Tracks:

http://connect.garmin.com/activity/177136659
http://connect.garmin.com/activity/177136641
http://connect.garmin.com/activity/177136616

3 Kommentare:

  1. Wie machst du das nur? Schreibst Tage später so, als ob es eine Liveberichterstattung wäre - echt klasse! (oder schreibst du jeden Abend per Hand vor? ;o)) - es liest sich jedenfalls mal wieder prima und läßt einen volle Kanne mitfiebern! Danke! Verwöhn Bettina heut mal ein wenig und lasst es euch gut gehen.... genießt die Lagunenroute! Liebe Grüße!

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  2. Tägliche Fleißarbeit...

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  3. Fantastische Bilder, übrigens auch die von Bettina auf ihrer Seite...kann das sein, daß sich schon einige Kilo von Dir davongemacht haben ?Kommt mir so vor. Für die kommunikationsfreie Route viel Glück, leichte Fahrt und Rückenwind !!! MOM

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