Sonntag, 4. September 2016

Dolomiten, jawollja!

Um sieben schalmeit das Telefon mir nachdrücklich und unmissverständlich "Babra Streisand" von Duck Sauce ins Ohr. Ich muss verrückt geworden sein, im Urlaub! Aber das ist Teil der gestern gelobten Unabhängigkeiten. Außerdem will ich um 9:00 auf dem Rad sitzen.
Also ab zum Frühstück, alles sehr lecker, frisch gebrutzeltes Rührei, sehr gut. Auch das Abendessen gestern war schon großartig, dafür lohnt der tägliche Schlussanstieg.

Der Plan für heute beinhaltet eine kleine Wettersorge, zum Nachmittag hin sind kräftige Gewitter avisiert, also sollte man rechtzeitig vom Berg runter sein. Daher entschließe ich mich zu einer sehr schönen Pflichtübung, wenn man in dieser Ecke weilt: Die Sellarunde.
Mit Ski und Snowboard schon gefühlte hundert Mal umrundet, rechts- wie linksrum, ist dieses Kleinod erst einmal unter die Räder eines von mir pilotierten Rennrades geraten, das war 2011 nach der Südalpenrunde in Begleitung von Nina, und zwar im Uhrzeigersinn, demzufolge fehlt die Gegenrichtung noch im Palmares.

Tal und Berggipfel zeigen sich morgens noch diesig verhangen, kommt die Sonne doch mal durch, ist es gleich mollig, direkt nach der Startabfahrt verschwinden Windweste und Armlinge wieder im Rucksack bei den Regenplünnen, die ich heute umsonst durch die Gegend schleppe. Besser so als andersrum...
Dann beginnt aber absolut sofort der eigentliche Spaß. Bis auf eine winzige Senke in St. Christina schraubt sich die Straße kontinuierlich himmelwärts, vom Abzweig an der Hauptstraße auf ca. 1200hm bis auf das Sellajoch, schon stolze 2244m hoch. Schon mal nicht so übel, 1200hm am Stück, hat man nicht sooo oft...
Die Abfahrt Richtung Canazei geht eigentlich weiter bergab, aber ich will ja nicht nach Canazei, sondern über das Pordoijoch (2239m) nach Arabba, das ist nicht sehr lang, der Asphalt recht frisch, und auch meine ursprüngliche Befürchtung, im Abgasstrom von Milliarden Motorrädern, Sportwagen, Wohnmobilen, etc. zu verenden, bewahrheitet sich im Gegensatz zu vor 5 Jahren nicht.
Die sind zwar alle da, aber irgendwie minder nervig, bis auf zwei Harletten-Treiber, die zusätzlich zum brachialen Krawall ihrer definitiv nicht zulassungsfähigen Hurratüten die Umwelt auch noch mit ihrem eher gewöhnungsbedürftigen Musikgeschmack (wer hatte sich heute morgen nochmal mit Duck Sauce wecken lassen... :-) ) aus der Borddisco beglücken müssen.
Ach ja: Der neue, wahre Feind auf der schmalen Passstraße ist das vom Italiener gefahrene SUV!

Vom Pordoi runter gelangt der geneigte Velozipedist wie gewünscht nach Arabba, nicht, ohne in der Abfahrt, die durch 33 Kehren zu erfreuen versteht, einigen italienischen Kleinwagenpiloten die Schamesröte ins Gesicht zu zaubern. Aussen rum überholen ist aber auch echt gemein... Und wenn man schon Spaß mit den Motorisierten hat, kann man gleich auch noch ein paar Moppedfahrern ihre Defizite aufweisen, indem man sie stumpf an dem ersten besten Wohnmobil abstreift und so einen unbelästigten Weg zu Tal für sich klärt.

In Arabba ist dann die absolut willkürlich, freiwillig und unabhängig gewählte Pause in einem von der letzten Befahrung schon bekannten Cafe. Käse/Schinken/Tomaten-Sandwich und Cola spenden in Kooperation mit einem Espresso die Energie um die nächste "Welle" zu meistern, der Zwerg unter den heutigen Pässen, der Passo di Campolongo mit 1875m geht unauffällig, die folgende Sause runter nach Corvara ähnelt der davor in fast allen Punkten, nur das Wohnmobil fehlt...

Die fast finale Schinderei fordert dann langsam Charakterstärke, ich merke die gestern schon erwähnte Faulheit, garstiger Gegenwind macht es nicht leichter. Hintenraus wird das Grödnerjoch zudem eher steiler, aber bei 2121m ist zum Glück Schluß. Schnell noch das Passschild-Selfie, nachdem ich eine Horde italienischer Motorradfahrer aus ihrer Wie-kommen-wir-alle-auf-das-Bild-Not rette, dann Armlinge und Windweste wieder an und die lange Abfahrt bis zum selbstgewählten Spezial-Quäl-Faktor beginnt.Im Gegensatz zu gestern gibt es heute keine Experimentalsegmente durch pittoreske Dorfkerne, heute brauch ich jedes verbliebene Korn für den Panider Sattel.

Der zeigt sich dann erwartungsgemäß biestig, aber nach etwas über 5,5 Stunden, 87km und 2654hm sitze ich platt, aber zufrieden mit einem Hefe auf der Hotelterrasse, und freue mich über das Gewitter, das offensichtlich woanders stattfindet....

Und weil das hier sooo schön ist, ein paar Eindrücke:








Track: https://www.strava.com/activities/700252098

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